Freitag, 31. Oktober 2025

Startschuss für Großspeicher: Die Billionen-Batterie

Batteriespeicher schlagen nicht nur in die Kasse, sie bringen auch einiges auf die Waage.

Wer mit prächtigen Zahlen, dem schönen Schein und positiven Nachrichten lügen will, und wer will das nicht in diesen Zeiten der schlechten Laune, der hat zwingend einige grundsätzliche Regeln zu beachten, um nicht sofort als Schönfärber aufzufliegen. 

Wichtig ist es, die jeweilige Nachricht so zuzuschneiden, dass die gewünschte Botschaft eineindeutig übermittelt wird. Statt mit allzu vielen Fakten, Zahlen und einordnenden Erklärungen eine Relativierung zu riskieren, hilft es häufig, es bei einem ungefähren Eindruck zu belassen. Gutes wird häufig besser, wenn es als grobe Handreichung erteilt wird. Draußen im Land an den Empfängern sitzen ohnehin nur selten Menschen, die es genau wissen wollen.  

Gefühlte Wahrheit 

Der bayrische Ministerpräsident Markus Söder  ist einer, der das Geschäft mit der gefühlten Wahrheit von Grund auf gelernt hat. Und mit dem treuen bayrischen Rundfunk weiß der CSU-Politiker einen Sender hinter sich, der so wenig auf die Idee käme, eine von Söder als grandiose News gedachte Mitteilung zu hinterfragen, wie das ZDF und ARD im Allgemeinen nicht mit den Pressemitteilungen aus dem Kanzleramt tun. 

Als Söder jetzt nach Gundremmingen eilte, um auf den noch rauchenden Trümmern des gesprengten Atomkraftwerkes mit eigener Hand den ersten Spatenstich für "einen riesigen Batteriespeicher" zu setzen, plante der ewige Kanzler im Wartestand ein Zeichen: Die mythische Energiewende hat ein Zuhause in Bayern! Und was für eins. Nur wenige Tage nach der Sprengung der Kühltürme eines Kraftwerkes, das einst eine elektrische Bruttoleistung von 1.344 Gigawatt hatte, feierte Söder den Start des Ersatzbaus. Laut Betreiber der "größte Energiespeicher Deutschlands", in jedem Fall aber groß genug, dass selbst die "Tagesschau" nicht um das Großereignis herumkam. 

Söder in der "Tagesschau" 

Söder schaffte es ins Überregionale - und wie. Gezeigt wurde er beim Spatenstechen, erzählt wurde dazu, dass RWE die geplante Batterie zur größten in der Bundesrepublik erklärt hat.  Das fertige Containerdorf werde eine "Leistung von 400 Megawatt und eine Kapazität von 700 Megawattstunden" zur Verfügung stellen, schrieb Söder später selbst auf X, stolz auf das bereits Erreichte.  RWE-Chef Markus Krebber assistierte mit einem weiteren Superlativ: "Das reicht, um mit einem Elektroauto 3,9 Millionen Kilometer weit zu fahren", versicherte er. Wie man's nimmt: Richtig wäre auch gewesen, dass die in alle in Deutschland zugelassenen E-Autos mit dem Strom aus der künftigen Grundmemminger Batterie jeweils zwei Kilometer weit kämen.

Aber niemand will etwas kaputtrecherchieren an so einem schönen Tag. Bayerns Ministerpräsident sprach von einem Termin nationaler Tragweite. "Ein Hochindustrieland wie Deutschland kann sich Probleme im Stromnetz nicht leisten. Wirtschaft und Energie haben Priorität", sagte er. Die "Tagesschau" erging sich in länglichen Beschreibungen der langen Containerreihen. Der Bayerische Haussender Söders teilte Neugierigen erstaunliches Hintergrundwissen unter der Schlagzeile "So funktionieren Batteriespeicher" mit: "Die Anlagen speichern elektrische Energie und geben sie bei Bedarf wieder ab."

Megawatt und Megawattstunden 

Wie hoch der Bedarf ist, wie viel elektrische Energie in den Grundmemminger "400 Megawatt und  700 Megawattstunden" steckt und wie lange die umliegenden Erneuerbaren Energieanlagen brauchen, die größte deutsche Großbatterie mit Solarenergie und Windkraft wieder aufzuladen, tat nichts zur Sache. Die Baukosten in Höhe von 230 Millionen auch nicht. 

Die allerdings lieferte Söder später selbst nach - ein Kardinalfehler, denn wer solche Daten preisgibt, provoziert den Dreisatz: Wie lange reicht die Kapazität der größten Großbatterie auf deutschen Boden, um Bayern zu versorgen? Wie lange könnte sie Deutschland vor dem Blackout bewahren? Wie groß müsste eine Batterie sein, die Bayern einen Tag und wie groß eine sein Deutschland eine halbe Woche Saft liefern kann, wenn die böse Dunkelflaute kommt? Was, schließlich, würde das alles kosten?

Bedarf einer Winterwoche 

Die Kapazität des Grundmemminger Batteriespeicher würde beim aktuellen bayrischen Strombedarf von 233 Gigawattstunden etwa 1,75 Stunden reichen. Um über einen Tag zu kommen, bräuchte Bayern 332 weitere in derselben Dimension. Wenn es mal länger dunkel und windstill bleibt, müssten es schon 1.000 oder besser - eine Winterwoche geht schnell rum - über 2.000 sein. Sehr selten nur wird der Fall sein, dass ein Monat ganz ohne Sonne und Wind vergeht. Aber weil weder Söder noch RWE, die "Tagesschau" oder der BR die Ladezeit des Speicherriesen erwähnt haben, muss vorgesorgt werden. Für einen Monat bräuchte Bayern unter Last bräuchte es rund 10.000 Großspeicher von der Größe Grundmemmingen.

Gratis gibt es das alles natürlich nicht, obwohl Batterien immer, immer günstiger werden.  Der Tagesspeicher für Bayern schlüge mit 76 Milliarden Euro zu Buche. Ein Klacks für ein Bundesland, das zuletzt auf ein Bruttoinlandsprodukt von 634 Milliarden Euro kam. Das würde, die meisten anderen störenden Ausgaben zugunsten der Investition zurückgestellt, auch noch für den Wochenspeicher reichen, in den etwas über 500 Milliarden Euro investiert werden müssten. 

Der Wind schickt keine Mahnung 

Die Sonne schickt keine Rechnung, der Wind keine Mahnung. Aber bei dem ganz großen Großspeicher, der Bayerns Stromversorgung auch mal über einen Zeitraum von 14 Tagen oder drei Wochen sicherstellt, müsste schon Geld in Summen in die Hand genommen werden, die heute noch erschreckend hoch klingen: 2,3 Billionen Euro wären nötig.

Im ersten Moment klingt das nach viel, aber anders ging  es den Leuten 2020 auch nicht, als die üblichen Rettungsmillionen wegen der Pandemie erstmals durch Rettungsmilliarden abgelöst wurden. Im Bereich der Laderiesen  wird die Gewöhnung ebenso schnell gehen, denn Bayern ist nicht ganz Deutschland und wenn die Elektrifizierung umfassend sein soll, dann muss der große Batteriespeicherboom deutschlandweit ausgerollt werden. 

Tag für Tag das Verlangen nach Strom 

Auch wenn die Zahlen wegen des immer noch hohen Stromverbrauchs in Deutschland nicht leichter zu fassen sind. Der liegt bei 464 TWh (464.000 GWh) im Jahr, ob Sonnentage im Hochsommer oder trüber Wintertag ohne Sonne - Tag für Tag verlangt das Land nach 1.271 GWh Strom. Selbst der Schwung von mehr als 1.000 Grundmemmingenspeichern, den sich Bayern eines Tages vielleicht für drei, vier oder fünf Dunkelflaute zugelegt hat, liefern ganz Deutschland gerade mal genug Energie, um einen Tag über die Runden zu kommen. #

Das Land braucht mehr Batteriespeicher, mehr und größere, viel größere. Um die 12.000 sollten es sein, damit das System so widerstandsfähig wird, dass es drei oder auch fünf Tage ohne frisch erzeugten Strom übersteht. Und für ein paar Tage mehr, vielleicht auch mal zwei Wochen, würden 30.000 plus gebraucht. Über die Kosten der Anschaffung haben Söder, die "Tagesschau" und der BR sicher nicht aus Versehen den Schleier gnädige Schweigens gebreitet: Der Wochenspeicher käme drei Billionen Euro, der etwas größere ganz große um die zehn Billionen.

Schwergewichtige Versorgung 

Jedoch bekäme der Kunde dafür auch etwas. Allein die mittlere Lösung für Dunkelflauten von fünf bis zehn Tagen schlägt nicht nur in die Kasse, sie bringt auch einiges auf die Waage. 24 Millionen Tonnen  Lithium, Kobalt, Nickel, Mangan und Graphit würde die kleine Lösung wiegen, 48 Millionen Tonnen die große. 

Das entspricht dem Gewicht von 800.000 Leopard-2 A7V-Panzern und könnte dazu frühen ,dass Deutschland das Gegenteil dessen geschieht, was Südafrika passiert: Das Land  am südliche Ende des ehemals als "schwarz" bezeichneten Kontinent steigt durch die anhaltende Klimadürre immer weiter aus dem Meer auf. Deutschland dagegen könnte in die ohnehin steigenden Meeresfluten hineingedrückt werden. Bei den Batteriespeichern würde das zu erhöhter Kurzschlussgefahr führen - ein Problem, das seit dem Startschuss von Grundmemmingen mitbedacht werden muss.


1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Grundmemmingen - ist dem Verfasser aus der Gegend schon Klassenkeile in Aussicht gestellt? "Wir werden dir zeigen - Memmingen!"