Freitag, 21. Februar 2014

Menschenopfer auf dem Machtaltar

Der "Steuersünder" als Sündenbock der Neuzeit, naheliegende ähnliche Vergleiche mal beiseitegelassen: Es ist inmitten des Getöses allgemeiner Empörung einmal mehr die einsame Stimme von Hendryk M. Broder, die in der Kakophonie der wohlfeilen Empörung eine Melodie erkennbar macht. Der Staat selbst, schreibt er, ist es, der seine eigenen Grundregeln und Gesetze fortwährend verletzt und missachtet. Um parallel dazu mit großem Pomp auszuziehen, Menschen, die Gleiches tun, am öffentlichen Pranger hinzurichten.

"Man muss die Ereignisse und die allgemeine Hysterie der letzten Tage auf ein so einfaches Beispiel herunterbrechen, um zu begreifen, was wir gerade erleben", schreibt Broder in Anspielung auf die inzwischen schon wieder vergessene Affäre Schwarzer: "Offenbar ist es so, dass auch eine aufgeklärte, liberale und säkulare Gesellschaft, die Menschenopfer nur aus Märchen und Horrorfilmen kennt, ohne Sündenböcke nicht auskommt."

Eine Schlussfolgerung, die hier bei PPQ zum Bildungskanon gehört. Nur weil es, in Broders Worten "aufgrund der herrschenden Political Correctness nicht möglich ist, die üblichen Verdächtigen vor das Tribunal des gesunden Volksempfindens zu stellen – also die Ausländer, die Juden, die Zeugen Jehovas, die Asphaltliteraten, die negativ-zersetzenden Elemente, die Schwulen, die Halbstarken, die Schmarotzer –, sind jetzt die Steuersünder an der Reihe, die eben nicht zu den geschützten Spezies gehören, derentwegen die Straßenverkehrsordnung umgeschrieben wird."

Es ist bemerkenswert zu sehen, welch winzig' Licht in dunklen Zeiten und heimelig wärmt und leuchtet. In ein paar simple Beispiele gefasst, wird hier plötzlich deutlich, wie das alte Muster von Brot und Spielen und öffentlichen Hinrichtungen in den Tagen von Steuer-CDs und staatsamtlichen Gesetzesbrechern funktioniert: Es braucht Menschenopfer auf dem Altar der Macht, um den Massen die Richtung zu weisen, ihren Hass zu kanalisieren und sie abzulenken von der im Dienst des Machterhalts betriebenen Unterminierung der Grundlagen des Gemeinwesens.

Den ganzen Text von Broder gibt es hier
FDominicus dazu

8 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Wer H.M. Broder zitiert, hat den Schuß nicht gehört.

Er, der alle Nase lang mit dem Holocaust wedelt, wenn ihm oder seinem Stamm von Kosmopoliten etwas nicht passt, ob es Meinugsäußerungen von Leuten sind, die sich am Israel-Palästina-Konflikt abarbeiten, ob es ein Richterspruch ist, der Kindeswohl vor archaische Blutrituale stellt, ob friedliche Inder gelyncht werden, von völkischem Mob, oder ob er, umdräut von lauernden Nazis darüber berichtet, wie er auf Schleichwegen durch die "Neuen Bundesländer" fährt, nicht zu vergessen, seine Art, Leute mit anderer Meinung anzuböbeln und mit Attributen zu versehen - der Mann taugt bestimmt nicht zum Wahrheitsrufer. Der wechselt die Wahrheiten, wie andere die Unterwäsche.

Am_Rande hat gesagt…

Ja, Herr Broder ist wirklich einer der wenigen in diesem Land, die noch für den öffentlichen Gebrauch der Vernunft als Beispiel dienen können.

Aber dennoch:
Ich möchte als aufgeklärter, liberaler und säkularer Mensch nicht mit dieser Gesellschaft in einen Topf geworfen werden. ;-)

Anonym hat gesagt…

Sehr richtig, Anonymus #1. - Der Herr B. hat als Angehöriger jennes erwähnten Kosmopolitenstammes hierzulande das rare Exklusivrecht Ross und Reiter in Zusammenhang mit gewissen „Schiefständen“ zu nennen, in denen Nicht-Angehörige vom PC-Furor niedergebrüllt würden. –
Das hat indes einige gravierende „Nachteile“:
Des Herrn B. investigativer und sezierender Blick ist doch stark auf der pöösen Deutschen unheilbare Faschismus-Affinität fokussiert. „Schiefstände“ in anderen Bereichen werden geflissentlich „übersehen“. Und wer es dem Herrn B. gleichtun, aber genau jenne vernachlässigten Bereiche ebenfalls thematisieren will, bekommt alsbald eine Faschismuskeulen-Massage angedroht.
Oder kurzum:
Herr darf B. darf süffisant, ironisch, sarkastisch, spöttisch und höhnisch der Deutschen „Charakterfehler“ goutieren, sarkastische Traktate von Anderen fallen indes schnell der Insinuation des „Rassismus“, Faschismus“, Antisemitismus“, Revanchismus“ anheim


Ano-Nymus

Anonym hat gesagt…

So so, diese Gesellschaft ist säkular, aufgeklärt und liberal.

Dann sind die Volkserziehungskampagnen,
das berufliche und soziale fertigmachen Andersdenkender
und deren öffentliche Beschimpfung als Nahtsie,
der staatlich geförderte lustige Denunziandenstadel und Strassenmob "Antifa",
die Gleichstrom-Medien,
wohl nur Einbildungen meinerseits.

Gegenüber heute, war das Hochmittelalter eine Hochkultur von Liberalität und Aufgeklärtheit.



FDominicus hat gesagt…

Lieber PPQ, das Ganze hätten Sie auch meinen Einträge in meinem Blog entnehmen können. Ich bin offenbar nicht der einzige dem das offenkundig auffällt.

Ansonsten denke ich schon, der Eintrag von Anonym hat durchaus auch viel Wahres. Warum hat dieses Recht nur Herr B?

Und ja ich finde schon das eben dieser Herr B da durchaus eine ziemlich enge Grenze zwischen sich und "anderen" zieht.

Was aber nichts daran ändert, daß er öfter nach meinem Dafürhalten auf der "richtigen" Schiene steht.

Anonym hat gesagt…

Wie gesagt:
Da der Herr B. das Privileg geniesst dem besagten OpferInnen-Stamm anzugehören, der genau, wie das OpferInnen-Geschlecht, hierzulande sakrosankt, ergo de facto unkritisierbar ist. Daraus erwächst selbstredend der unvergleichliche Vorzug, unbehelligt und ohne sich „das Maul zu verbrennen“, unliebsame Dinge ansprechen zu können und zu dürfen. – Das hat gelegentlich den Vorteil, dass er genau das thematisiert, was Anderen schwere Prügel einbrächte.
Ähnliches Beispiel wäre, dass die Ober-Femi-FaschistIn, Frl. Schwarzer-Geld, als einzige den Islam ohne grosse Gegen-Echauffage kritisieren darf, wenn sie ins frauInnenunterdrückerische Horn stösst. Da die FrauInnenunterdrückerei beim Islam indes wirklich zutrifft, trifft hier das Motto „Der Feind meines Feindes ist mein Freund“ hinsichtlich gewisser Aspekte zu.
Ähnliches gilt für Herrn B.


Ano-Nymus

Anonym hat gesagt…

Daß der Feind meines Feindes mein Freund wäre, trifft hier leider nicht zu. Er ist weiterhin mein Feind, wie auch der Feind meines Feindes ist. Und wenn er sagt, daß es regnet, wenn es regnet, während alle anderen sagen, wie hübsch doch die Sonne scheint, macht ihn nur zu jemanden, der in diesem einen Fall mal nicht in den Chor einfällt, der sagt, die Sonne scheint während es doch regnet.

Ansonsten spricht nichts dagegen sich einen Hofnarren zum Kumpan zu wählen.

Volker hat gesagt…

Ja sicher, Broder ist kein Heiliger. Er agiert nicht nur selbstlos.
Es gibt Themen, wo er sich keinen Deut von unserer sozialistischen Elite unterscheidet. Schon jahrelang setzt er ein Gleichheitszeichen zwischen den vom NS-Regime verfolgen Juden und den zeitgenössischen "Flüchtlingen". Irrtum kann nicht der Grund sein, die Online-Kommentierer haben ihn oft genug auf die Niedertracht dieser Gleichsetzung hingewiesen.

Wahr ist auch, dass im (übrigens seit 1933) rassistischen Deutschland nicht die Tat zählt, sondern die rassebiologischen Eigenschaften des Täters. Die jüdischen Gene bieten Broder Narrenfreiheit. Er darf sagen, was andere nicht dürfen; wofür andere sogar sich eine Verurteilung nach dem Heimtückegesetz einfangen würden.

Das ändert aber nichts daran, dass er einer der intelligentesten und integersten zeitgenössischen deutschen Publizisten ist.
Er ist eben kein Auschwitz-Fuzzi, im Gegenteil.
Wer publiziert noch "Vergesst Auschwitz!" oder "Auschwitz mon amour!?

Es stimmt auch nicht, dass Broders "investigativer und sezierender Blick doch stark auf der pöösen Deutschen unheilbare Faschismus-Affinität fokussiert" wäre. Würde so einer so was schreiben:
"Wie immer, wenn die Antifa aufmarschiert, war keine Fa da, weswegen sich die alternative SA ersatzweise mit der Polizei anlegen mußte. So ist das mit dem Antifaschismus heute: Er blüht und gedeiht mangels an Faschisten"

Wenn er sich über die im zeitgeistmäßig antizionistischen Gewand daherkommenden Antisemiten mokiert, kann ich ihm nur zustimmen. Oder will hier wirklich jemand behauten, diese "Israelkritiker" wären irgendwie am furchtbaren Schicksal der Palästinenser interessiert?
Die Palästinenser in Israel gehören zu den Privilegierten dieser Welt. Die müssen nicht nach Europa fliehen, die kriegen die Zivilisation frei Haus geliefert. Die Palästinenser in Israel sowieso, aber auch die in den "besetzten Gebieten" leben besser als alle ihre Glaubensbrüder rundherum im "Haus des Friedens". Das materielle Lebensniveau der so furchtbar unterdrückten Palästinenser ist sogar höher als das der Einwohner im halluzinierten Tigerstaat Türkei.
Davon ab, hat man je gesehen, wie die Freunde des palästinensischen Volkes den gerade krepierenden Palästinensern in Yarmouk helfen? Oder sind wenigstens Solidaritätsschiffe auf dem Weg dahin?
Heuchler!