Donnerstag, 20. April 2017

Ungeheuerliches aus Engelland

Ungeheuerliches tut sich auf der Weltbühne, die der festen deutschen Hand zusehends aus dem Griff zu geraten droht. Erst der Russe, der mit unsichtbaren Truppen in die Ukraine einmarschiert. Dann der Ami, der mit Trump einen Despoten wählt, der in Deutschland nicht einmal Bezirksbürgermeister in Spandau hätte werden dürfen. Danach der Türke, der sich, obwohl daheim im Reich, entschließt, den perfiden Plan eines 76-Jährigen zur ewigen Zementierung von dessen diktatorischer Macht mit seiner Stimme zu unterstützen. Gar nicht zu reden von all den Polen, Ungarn, Griechen und Österreichern, die unentwegt quengeln, eigen Wege gehen und die fürsorgliche Betreuung durchhochqualifizierte deutsche Spitzenpolitiker als lästig empfinden.

Nun aber auch noch die Briten, die die EU seit ihrem Ausstiegsbeschluss mit sich schleppt wie einen juckenden Ausschlag. Statt zu gehen, lassen wir sie nicht, weil wir nicht können. Und statt sie zum Bleiben zu zwingen, damit nie mehr jemand gehen kann, müssen wir drohen, damit sie. Ja, das weiß man noch nicht. Nun aber das Ungeheuerlichste: Die britische Premierministerin ordnet ihrem eigenen Wohl sogar den Wahlkalender unter und riskiert damit die Einheit des Landes, um dessen Wohl wir Deutschen traditionell so besorgt sind!

Wie Stefan Kornelius, bekannt geworden durch tiefenanalytische Brexit-Texte wie "Voller Angst in die historische Katastrophe“, „Warum jetzt Europas harte Hand gefragt ist“ und „Brexit-Debatte hat alle Sachlichkeit verloren“, in der Süddeutschen Zeitung aufdeckt, hat sich offenbar auch Großbritannien von den gemeinsamen Werten der Union losgesagt: Ohne Rücksprache mit der Bundesregierung, aber auch ohne vorherigen Kontakt mit der Süddeutschen Zeitung hat die Premierministerin des abtrünnigen Staates Neuwahlen ausgerufen. Und das nicht, weil es der gemeinsamen Sache des Weltfriedenkontinentes dient. Sondern instinktgeleitet, aus purer Machtlust, die zugleich Verachtung ist für alles, was Stefan Kornelius ihnen als Strafe zugedacht hatte.

Wo sind wir nur gelandet? 77 Jahre nach Hitlers Paris-Abstecher benimmt sich Europa, als könne hier jeder machen, was er will. Die Türkei stimmt ab und die Wähler richten sich offenkundig kein bisschen nach dem, was ihnen Berlin empfiehlt. Frankreich wählt und es ist kein anständiger Vertreter der gemäßigten Mitte dabei. London ruft nun Wahlen aus, wo der deutsche Wahlkalender gar keine vorsieht. Kopfschütteln bei Kornelius: „So gewiss ist sie sich ihrer Sache, dass sie eine unglaubliche Frechheit begehen kann: Sie beschimpft Labour, Liberaldemokraten und schottische Nationalisten kaum verhohlen als Vaterlandsverräter, sagt ihnen den politischen Untergang voraus - bittet aber gleichzeitig um deren Stimmen für die Auflösung des Parlaments.“


Wo hat man sowas schon gehört? In London, letztes Jahr! „Vergangenen Sommer nutzte Theresa May das Führungsvakuum der Tories und nahm den Vorsitz der Partei sowie das Amt der Premierministerin still, aber entschlossen an sich“, schildert der Reporter aus München die kalte Machtübernahme an der Themse, getrieben von einem „perfekten Instinkt im richtigen Augenblick“.

Ganz anders als Angela Merkel seinerzeit basisdemokratisch aus der Asche der Kohl-CDU auferstand, nahm sich die Britin, was ihr nicht zusteht.



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