Freitag, 6. Dezember 2019

Nach Gehälteraffäre: AWO benennt sich in "Funktionärswohlfahrt" um

Echte Arbeiter wie Adolf Hennecke gibt es nicht mehr, deshalb konzentriert sich die AWO jetzt auf die Unterstützung von SPD-Funktionären
Es war so schlimm, dass sogar die staatliche "Hessenschau" den Journalismus wiederentdeckte. Wie auch anders, hatte doch die Frau des Frankfurter SPD-Oberbürgermeister Peter Feldmann das unfassbare Glück gehabt, als Kita-Leiterin bei der Arbeiterwohlfahrt (AWO) einen fantastischen Job zu ergattern: Spitzengehalt und personengebundener Dienstwagen dazu, und das nicht nach den üblichen 17 Jahren auf der Karriereleiter, sondern schon nach schmalen 24 Monaten.

Während der einst selbst bei der Arbeiterwohlfahrt beschäftigte Oberbürgermeister nach Tagen des Schweigens tiefe Einblicke in seine offenbar völlig zerrüttete Ehe gab - so gestand Feldmann, weder gewusst zu haben, wie viel seine Frau verdiene, noch jemals mit ihr ein Gespräch über den Dienstwagen geführt zu haben - traten weiter Einzelheiten aus dem AWO-Sumpf zutage.

Danach hatte die 1919 als "Hauptausschuss" der SPD gegründete Organisation nicht nur Feldmanns Frau aus ungenannten Gründen höher bezahlt als üblich, sondern auch zwei SPD-Jungtalente. So habe ein 33-jähriger Stundent rund 100.000 Euro Jahresgehalt kassiert und ebenfalls einen Dienstwagen zur persönlichen Verfügung gestellt bekommen. Eine studentische Hilfskraft in der Flüchtlingshilfe, die nebenher als SPD-Stadtverordnete und Juso-Sprecherin engagiert ist, startete benfalls mnoch im laufenden Studienbetrieb durch. Sie wurde als Leiterin der Abteilung Jugend sofort Chefin von 26 hauptamtlichen Mitarbeitern und 10 Honorarkräften und bekam einen Ford Fiesta von der Awo gestellt.

Traumgehälter, die der seinerzeit zur "Selbsthilfe der Arbeiterschaft“ gegründete Wohlfahrtsverband verteidigt. Zwar verdiene mancher Amtsleiter der Stadt Frankfurt weniger und die Berufskollegen des als Pressesprecher des AWO-Kreisverband eingesetzten 33-Jährigen sowieso. Aber die AWO sei derzeit in einer Phase der Umstrukturierung ihrer Hilfsangebote: Statt sich um den traditionellen, aber immer schneller aussterbenden Arbeiter zu kümmern, setzt die Organsiation mit ihren 210.000 Mitarbeitern im ganzen Land mehr und mehr darauf, als Funktionärswohlfahrt Sorge für das Wohlergehen der eigenen Mitarbeiter zu tragen.

Spitzengehälter bis zum Doppelten des Üblichen und Dienstwagen, die perspektivisch alle Awo-Angestellten bekommen sollen, sind ein Schritt in die Zukunft, die geplante Umbenennung des Verbandes vom überholten "Arbeiterwohlfahrt" in "Funktionärswohlfahrt" (FWF) ein anderer. Man erhoffe sich vom neuen Namen mehr Transparenz hinsichtlich der Unternehmensziele, heißt es in Frankfurt, wo hohe Mieten, Wohnnebenkosten und die galoppierende Krise der Mutterpartei SPD die Zahlung von Spitzengehälter geradezu zwingend erfordern, um gute Leute zu bekommen.

Die künftige FWF werde dafür Sorge tragen, dass das gemeinsam und oft in Personalunionmit der SPD verfolgte Ziel "Arm trotz Reichtum" nicht aus den Augen verloren werde. Der neue Name ermögliche, dies künftig noch viel transparenter zu tun als es bisher möglich gewesen sei, wo Vorstand und Geschäftsführung des gemeinnützigen Vereins stets unter dem Druck standen, doppelte Gehälter und benefits wie Dienstwagen mühevoll zu erklären, weil die Bezahlung zu einem wesentlichen Teil aus öffentlichen Geldern erfolgt und das Besserstellungsverbot eigentlich verhindert, dass vom Staat geförderte Einrichtungen ihren Mitarbeitern höhere Gehälter zahlen als für dieselben Jobs im öffentlichen Dienst gewährt wird.

Eine Vorschrift, die sich mit ausreichendem Engagement für die gute Sache leicht umgehen lässt. So stellte der eigentlich ehrenamtlich tätige Vorsitzender des Präsidiums der AWO Frankfurt dem AWO-Kreisverband Wiesbaden einfach jährliche Rechnungen über 25.000 Euro für seinen Einsatz und die daraus resultierenden hervorragenden Leistungen. Die Awo in Frankfurt, nach Angaben der Hessischen Rundfunks geführt vom SPD-Mitglied Jürgen Richter, ließ sich das gezahlte Geld anschließend vom Kreisverband Frankfurt erstatten, der von Richters Ehefrau geführt wurde, so dass sich das am Küchentisch besprechen ließ.

Auch der Frankfurter AWO-Pressesprecher mit der Traumkarriere und dem selbst beim Hessischen Rundfunk beneideten Gehalt stand früher auf der Lohnliste der AWO Wiesbaden, direkt neben Peter Feldmanns Ehefrau. Beider Bezahlung, so der HR, sei von Wiesbaden aus abgewickelt worden. Die AWO Frankfurt allerdings finanzierte die Gehälter in Form von "Zuwendungen", die nach Wiesbaden überwiesen wurden.

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

33-jähriger Student? Ehrlich, ich kann Witze und Realität nicht mehr unterscheiden.

ppq hat gesagt…

das kann man sich doch nicht ausdenken!

Anonym hat gesagt…

Hessenschau entdeckt Journalismus wieder? Beim Futterneid funktioniert auch deren Journalismus hemmungslos.

Frolleinwunder hat gesagt…

Jetzt weiß ich endlich, warum aus dieser Ecke immer wieder Angst vor einer Wiederkehr des Endes von Weimar heraufbeschworen wird! Wenn ich mich recht erinnere, stand auch damals die Bekämpfung der grassierenden Korruption bei genau derselben Klientel ziemlich weit oben auf der Tagesordnung...