Mittwoch, 14. Juli 2021

Die EU und der Anpfiff aus Amerika: Digital so souverän

Digitalität europäischen Zuschnitts: der Hightech-Kontinent macht jetzt mobil.

Gute Nachrichten bei schlechtem Wetter hatte Peter Altmaier zu verkünden. Ein Schlag gegen Amerika, endlich durchfinanziert: Die OSB Alliance, in der zwölf deutsche Mittelständler zusammenarbeiten, um im Auftrag des Bundes eine federated data infrastructure für die deutsche  sovereign cloud stack aufzubauen, bekommt Fördermittel des Bundeswirtschaftsministers! 

Das vielversprechend "Gaia-X" genannt europäische Großprojekt, im Sommer vor einem Jahr verkündet, um Deutschland eine vollständige digitale Souveränität zu sichern, kommt damit nach zwölf Monaten schon einen nächsten Schritt voran: Unterhielt die die als "Internationale Vereinigung ohne Gewinnerzielungsabsicht nach belgischem Recht" gegründete Firmenversammlung bisher erst eine Internetseite, die einen Link zu sich selbst enthält, geht es nun ans Beschreiben von Zielen, Entwickeln von Visionen und das Freuen über das Vertrauen des Bundeswirtschaftsministers.  

Offensive der deutschen Netzriesen

Die deutschen Netzriesen Gonicus, Nordeck, Heinlein, Linuxhotel und Publicplan haben nun die Beinfreiheit, loszulegen. So kennt die Welt EUropa und so sie liebt sie es. Der Start mag immer etwas langsam wirken, rollt es aber erstmal, dann rollt es noch umso langsamer. Vorbildhaft dafür steht der Plan einer EU-Digitalsteuer, den der damalige Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker im Friedenssommer 2017 vorstellte. Neiderfüllt hatte die EU zuvor festgestellt, dass im virtuellen Raum nahezu ausschließlich ausländische Konzerne Erfolge feierten - und ihre Gewinne, begünstigt durch die Niedrigsteuerpolitik der EU - durchweg nur mit ,85, Prozent versteuern mussten.

Das sei "nicht gerecht" verkündete Juncker, ein Mann, der seine Grundüberzeugungen je nach dem Posten wechseln konnte, den er gerade auszufüllen vorgab. Vier Jahre lang ließ die Kommission in Brüssel keinen Zweifel daran, dass um eine höhere Besteuerung der fremdländischen Digitalwirtschaft kein Weg vorbeiführe. Und nur, weil europäische Lösungen immer etwas länger dauern, wurde es seitdem nichts mit der tatsächlichen Einführung.

Vielfältige Geschlossenheit

Am Prinzip änderte das nicht. Mit einer vielfältigen Geschlossenheit, die es den Franzosen gestattete, eigene Wege zu gehen und eine digitale Inselsteuer einzuführen, den Deutschen aber, ihr Nicht-Einführung einer Digitalsteuer als europäisch zu bezeichnen, blieb die Digitalsteuer eine Worthülse, die bei Bedarf in Sonntagsreden verwendet werden konnte. Sie würde kommen. Eines Tages. Vielleicht gemeinsam mit der digitalen Souveränit. Vielleicht zusammen mit einem EU-Amazon. Vielleicht zusammen mit dem europäischen Paypal. Vielleicht im Zuge der Einführung eines europäischen Netflix. Oder im Zuge des zunehmenden Erfolges einer smarten europäischen Suchmaschine. Oder mit dem Bitcoin-Euro. Dann aber mit einem Wumms, wie der deutsche Finanzminister gern sagt.

Der war nie so kurz davor, sein Sehnsuchtsziel zu erreichen wie im Wahlkampf 2021. Fast beinahe stand Olaf Scholz vor dem Durchbruch, nahezu komplett war es ihm schon gelungen, die mächtigsten Wirtschaftsnationen der Welt auf Linie zu bringen: Schluss mit dem Gewinnabfluss digitaler Interneterträge über Niedrigsteueroasen wie das EU-Land Irland in die USA! Her mit der gerechten Digitalsteuer, damit jeder etwas davon hat. 

Weichenstellung für eine Woche

Eine Woche lang ließ sich Olaf Scholz feiern. Er verkündete den "historischen Durchbruch", kündigte an, die Digitalkonzerne "zur Kasse bitten" und nach dieser "endgültigen Weichenstellung" schon mit zusätzlichen Einnahmen planen zu wollen. Dann aber kam ein Anruf aus den USA. US-Finanzministerin Janet Yellen klingelte in Brüssel durch, offenbar aufgeschreckt vom JEUbel über die neue, digitale Geldquelle, als die die in digitalen Geschäftsbereichen kaum vertretenen EU-Staaten eine  weltweite Digitalsteuer ausgemacht hatten. So aber war das nicht gemeint, ließ Yellen bestellen: Die globale Mindeststeuer, auf die sich erst die G20-Staaten und dann 131 OECD-Mitgliedsländer geeinigt hatten, müsse vielmehr zum Anlass genommen werden, die bisher geplante Digitalsteuer in der EU zu beerdigen. 

Statt Digitalsteuer plus Mindeststeuer soll es das eine nie und das andere irgendwann geben. Digitale Souveränität für Feinschmecker: Kaum war der Anpfiff aus Amerika durch, verkündete die EU-Kommission auch schon, dass sie ihre Pläne für eine europäische Digitalsteuer "auf Eis gelegt" habe. Vier Jahre stetes verbales Bemühen, reihenweise Ankündigungssiege und "breite öffentliche Konsultationen" im kleinen Kreis - vergebens.

Digitalsteuernationalismus im Visier

Vier Jahre nach Junckers Kampfansage steht die EU da wie ein kleiner Junge, der geschimpft bekommt. Was denkt er sich eigentlich! So lange Du die Füße unter meinen Tisch stellst! Was aus dem Digitalsteuernationalismus von Frankreich, Spanien und Italien wird ist im Moment ebenso unklar wie der weitere Umgang der Kommission mit Mitgliedsstaaten, die trotz des amerikanischen Ordnungsrufen  darauf beharren, tun und lassen zu können, was sie wollen. Klar ist, dass es bis zur weltweiten Mindeststeuer mindestens so lange dauern wird wie bis zur europäischen Einigung über die Flüchtlingsverteilung. 

Im Oktober sollen die Staatschefs der G20-Staaten zustimmen, noch aber weiß niemand, wem oder was. Die USA beharren auf einem globalen Steuersatz von 21 Prozent, die EU will es bei 15 Prozent belassen. Irland, Ungarn und Estland machen gar nicht mit, aber auch die Steuerparadiese Saudi-Arabien, Oman und Kuweit bleiben außen vor.  Frankreich, Italien und Spanien besteuern national.Die ganze EU aber braucht Google, Facebook, Amazon und Microsoft zumindest noch so lange, bis Gonicus, Nordeck, Heinlein, Linuxhotel, Publicplan und all die anderen die  federated data infrastructure fertig haben, die Europa sovereign in die virtuelle Zukunft führt.


17 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ach das lese ich jetzt nicht alles durch. Es ist doch klar, dass man alles in den Clouds haben will, damit die zuständigen Stellen mitlesen können. Wegen der Kinder natürlich nur. Und wegen Nazis und Demokratieschädlingen.
Wenn eine andere Cloud an den Start geht und das Servergebäude nicht an Tag 1 bis auf die Grundmauern niederbrennt, dann sind die Geheimdienste schon drin. Und wenn die Schweiz die Cloud beim Chinesen bucht, dann gehen die Daten eben erst beim Geheimdienst über den Tresen und dann zum Chinesen zum Gegenlesen.

Anonym hat gesagt…

OT Fefenews

Fefe so:

'...haben wir eigentlich so viel Zeit, Geld und Personal für die Verfolgung von Kinderpornographie und Linksterrorismus...'

Ja, Linksterrorismus, Verfolgung, viel Zeit, Geld und Personal. Alles in einem Satz.
Und an den Platzhalter 'Kinderponrografie' glaubt er auch ganz fest. Brav.

Jodel hat gesagt…

Da hat man ja für die neue Deutschlandcloud alles zusammengekarrt was keinen Rang und Namen hat. Beim Rohrkrepierer Desertec haben sich wenigstens noch die großen Namen blamieren dürfen.
Gibt es diesmal so wenig Fördergeld, das sich nur die ganz Kleinen darum balgen wollen?

Ich bin dafür das in Berlin ein #Neuland-Park eröffnet wird. Darin erhält jeder totale Reinfall der letzten Jahre eine hübsche Gedenknische, auf das wir an jedem Jahrestag für jede Hybris auch mal ein Kerzlein anzünden können. DE-Mail, E-Personalausweis, 5G Handynetz, Breitband-Internet, Bundeswehr-Weltraumkommando, Bundeswehr-Cyberabwehr usw. usf. Da sind die supertollen EU-Projekte und die Geschäftsfelder der marktbeherrschenden Ami-Konzerne, in deren Geschäftsfeldern wir absolut nichts mehr zu hupen haben, noch gar nicht mitgerechnet.

Unsere Regierung ist der fleischgewordene Anti-Midas. Sobald die an irgendein Projekt ihr Patschehändchen dranhalten, verwandelt es sich in Scheiße. Aber statt aus den ganzen Fehlschlägen zu lernen und vielleicht mal den Teig für kleinere Brötchen anzusetzen, diese aber dann auch mal fertig zu backen, werden die Wolkenkuckucksheime immer gigantischer.

Wir hätten in den 80er Jahren schon auf die Grünen hören sollen. Die waren damals schon der Meinung das dieser ganze Computerkram Mist ist und verboten gehört. Hätten wir uns damals schon auf Bio-Schafzucht und Lastenfahrräder konzentriert, würden wir heute bezüglich digitaler Welt genau so dumm dastehen, könnten aber behaupten das sei so gewollt.

Anonym hat gesagt…

"Es gibt kein gutmütigeres, aber auch kein leichtgläubigeres Volk als das deutsche", soll vom französischen Kaiser überliefert sein. "Ich brauchte nur meine Netze auszuspannen, dann liefen sie wie ein scheues Wild hinein. Untereinander haben sie sich gewürgt, und sie meinten ihre Pflicht zu tun. Törichter ist kein anderes Volk auf Erden"

Es ist nicht totzukriegen: Auf "Politikversagen" wieder dieses angebliche Napoleon-Zitat.
Es ist nur noch zum Kreischen.

Anonym hat gesagt…

Ich bin dafür das in Berlin ...

Nichts für ungut, das würde ich "Ich bin dafür, dass ..." schreiben.

Überflieger hat gesagt…

Die beste Bunzelrepublik aller Zeiten will nicht nur eine eigene Cyberspace-Cloud für ihre ersten eigenen digitalen Gehversuche, nein, die will militärisch jetzt sogar ganz hoch hinaus bis ins echte Weltall.

Star Wars für Anfänger sozusagen, denn selbst auf der Erde haben unsere hochdekorierten Pantoffelhelden sich bisher eher blamiert als reüssiert. Just erklärten sie ihre panische Flucht aus Afghanistan, wo sie unseren Amifreunden als Kugelfang dienen durften, doch tatsächlich als geordneten Rückzug.

Ok, immerhin reichte es sogar für den Rücktransport aller nicht leer gesoffenen Bierdosen, um die sprenggläubigen Taliban nicht in Versuchung zu führen. Taliban? Gibt es dort denn überhaupt noch welche, oder wurden die längst als traumatisierte Flüchtlinge importiert und pseudointegriert, weil diesen Halsabschneidern dort bei der Heimkehr angeblich die Todesstrafe droht? Etwa von ihren Glaubensbrüdern, die gerade siegreich auf dem Vormarsch sind, um das Land erneut ganz zu übernehmen?

Angesichts der Lebensgefahr muss man jeden Mordgesellen selbstverständlich hier belassen und auf unsere Bevölkerung loslassen wie eine tollwütige Bestie. Das gebietet unsere geschichtliche Verantwortung wegen damals, jener unaussprechlich bösen Zeit, die seit Jahren allabendlich durch etliche TV-Dokus geistert, als könnten wir nicht genug davon kriegen.

Die EU und besonders die BRD mögen mit den Erwachsenen mitspielen wollen, doch sobald ihr Big Brother sie zurück pfeift, gehorchen sie wie Kleinkinder, denen man mit Entzug ihrer Lollis droht.

Jodel hat gesagt…

@Anonym3

Lieber Anonym,

ich nehme ihnen ihre Verbesserungen nie krumm. Man kann immer etwas dazu lernen.
Außerdem sitzen wir Stammgäste hier meinungstechnisch wohl alle im selben kleinen Boot.
Da muss man auch Kritik aushalten können.

Ich bin nach jeder Veröffentlichung ein klein wenig gespannt, was Ihr geschultes Auge diesmal für Leichtsinnsfehler meinerseits aufdecken könnte. Es ehrt mich ja auch ein wenig, wie akribisch Sie meine Texte durchackern.

Wie Sie aber selbst zu erwähnen belieben: "... ich würde ... schreiben ...".

Dann mal los. Lassen sie die Tinte in Strömen fließen. Hauen Sie uns ein rhetorisches Feuerwerk um die Ohren. Zeigen Sie uns, wie man einen Text nach dem anderen, selbstverständlich bis zum letzten Komma korrekt verfasst, veröffentlichen kann. Die Bühne ist für Sie bereitet.
Es kann doch nicht sein, das Sie immer nur als grammatikalischer Erbsenzähler am Rande stehen. Verwandeln Sie dieses Mitmachboard für Leute mit nachlässigem Verhältnis zur korrekten Rechtschreibung in ein Forum auf das der Duden stolz sein könnte.

Ich bin gespannt wie ein Flitzebogen.

Herzlichst und mit ganz vielen Grüßen

Ihr Jodel

ppq hat gesagt…

me too!

Anonym hat gesagt…

"Leichtsinnsfehler" ?

Sie ...Sie sind ja ein Schelm....!

Anonym hat gesagt…

Außerdem sitzen wir Stammgäste hier meinungstechnisch wohl alle im selben kleinen Boot.

Ebend. (Dieter Krebs sel.: Ein Pfund Nackend bitte ...)
@ Jodel. Wie ich schrieb, nichts für ungut. Dem Inhalt nach stimme ich mit Ihnen meistens überein. Aber diese Sprachliederlichkeit fiel mir "ebend" zum dritten Male* auf, da kam es über mich.
* Bei "Peter Blum" auf PIPI schon > ein Dutzend Mal.
So schrieben, als ich jung und knusprig war, durchschnittliche Viertklässler, und grenzdebile Achtklässler. Es wurmt mich einfach.

Überflieger hat gesagt…

@ Anonym 1 und 5

Netzfund zur späten Erleuchtung eines heute offensichtlich nicht mehr ganz jungen und knusprigen Nachhilfestundenlehrers mit missionarischem Erbsenzählersyndrom:

"Die Bcuhstbaenrehenifloge in eneim Wrot ist eagl, hieß es dmalas, da usner Gehrin nchit jeedn Buchtsaebn eiznlned leißt, snodren das Wrot als gzanes. Agnebilch wudre deis bei enier Sutide der Cmabirdge Uinertvisy fsetegsetellt".

Wen kümmert ein s zu viel oder zu wenig, wenn ein Wort, ein Satz, ein Text von jedem Normalbegabten problemlos lesbar ist?

Gibt es gegen solche Krampfanfälle von Korinthenkackerei eigentlich keine Medikamente?

Überflieger hat gesagt…

Korrektur: Anonym 3 und 5

Sorry anonym 1, bist nicht gemeint.

ppq hat gesagt…

@ überflieger: richtig, aber ich erinnere an: hängen kann man nicht leben lassen

Überflieger hat gesagt…

@ ppq

Im Prinzip ja, doch einen Sinn ergibt der Beispielsatz nur in zwei Versionen:

1. Hängen, kann man nicht leben lassen.
2. Hängen kann man nicht, leben lassen.

Ohne ein Komma hier oder dort ist dieser Satz einfach nur Quatsch.

ppq hat gesagt…

eben. nie die kleinen dinge unterschätzen. sie können über leben und tod entscheiden

Anonym hat gesagt…

@ "Überflieger": Nenne es halt Korinthenkacken, es ist und bleibt dennoch das Bemerken von Legasthenie, als einer Form von Schwachsinn. Wer das und dass bzw. daß nicht auseinander kann, ist ein Idiot. Als Huscheligkeitsfehler now and then mag es angehen.

Überflieger hat gesagt…

@ Anonym 3,5 und 6

Falls Sie wirklich jeden Flüchtigkeitsfehler -und die passieren Vielschreibern nun mal eher und häufiger als sparsam textenden Literaten- ermitteln und als Idiotie brandmarken wollen, werden sie zukünftig mehr als genug mit dieser selber bereits diagnostizierten 'Korinthenkackerei' zu tun haben.

Zudem vermisse ich in Ihrem letzten peniblen Legasthenikerjäger-Traktat in der mittleren Zeile das Wörtchen 'halten' zwischen 'auseinander' und 'kann'. Sollten 'Idioten' nicht lieber erstmal selber richtig schreiben lernen, bevor sie andere wegen Petitessen schmähen?