Sonntag, 11. Juli 2021

Diversity-Programm: Ein neuer Name für das Schwarze Meer

War nie schwarz und soll nun endlich auch nicht mehr so heißen: Das ehemalige Schwarze Meer.

Jede Landkarte ist eine brennende Wunde, jeder Nachkriegsroman eine einzige Verhöhnung. Die Regale mit den Haarpflegemitteln schmerzen, das Fahren ohne Fahrschein, das Arbeiten an der Steuer vorbei, das besondere Ärgern, das hoffnungslos in die Zukunft schauen, gerade auch mit Blick auf Afrika: "Schwarz", aus dem Althochdeutschen "swarz" entwickelt, das für "dunkel" und "schmutzfarbig" stand, diskriminiert bis heute zahllose Menschen, ganze Gruppen und Schichten. Erste zaghafte Versuche gibt es zwar, der rassistischen Bezeichnung von Dingen, Menschen, Gegenständen und Vorgängen durch faire Umschreibungen auszuweichen. Doch Gewohnheiten sind hartnäckig.

Schwarz, sogar im Grundgesetz

Doch was hilft es der Welt, wenn nur die Verkehrsbetriebe von Berlin und München den bislang offiziell nicht verwendeten Begriff „Schwarzfahren“ für die Erschleichung von Beförderungsleistungen künftig offiziell nicht mehr verwenden? Es bleibt doch beim Schwarzen Meer, beim Schwarzmarkt, beim Schwarzen Loch, bei Schwarzen Johannesbeeren und bei Schwarz-Rot-Gold, dieser ausschließenden Farbkombination, die sogar in der deutschen Verfassung festgeschrieben ist. 

Der renommierte Medienforscher Hans Achtelbuscher, der am An-Institut für Angewandte Entropie der Bundeskulturstiftung Phänomene wie das Themensterben in den deutschen Medien, Sprachregelungsmechanismen und dem Einfluss subkutaner Wünsche auf die berichterstattete Realität erforscht, hält es für "beileibe nicht ausreichend" (Achtelbuscher), wenn nur mit Hilfe begrenzter Insellösungen wie in München und Berlin versucht wird, Einfluss auf diskriminierendes Denken in Farbschablonen zu nehmen. "Deutschland braucht vielmehr ein umfassendes und verbindliches Diversity-Programm", sagt der Medien- und Verständnisforscher, der in bundesweit einheitlichen  Sprachregelungen ein probates Mittel sieht, Denkmuster bis in die Familien als kleinste Zellen der Gesellschaft zu ändern. "Dabei müssen Politik, Wissenschaften, Medien und Bildungssystem nach den Vorgaben eines Masterplans zusammenarbeiten", ist er sicher.

Masterplan für sauberes Sprechen

Zu verbreitet sind diskriminierende Vokabeln wie "schwarz"  im Alltag, als dass sich an ihnen nicht immer wieder Tsunamiwellen demagogischer Raserei brechen müssten, in denen die moderne Reklamationsgesellschaft ihr innere Mitte verliert. Hans Achtelbuscher plädiert für tiefgreifende Reformen statt oberflächlicher Sprachkosmetik. "Anzuraten wäre, dass man wegkommt von adjektivistischen Zuschreibungen, die immer das Potenzial bergen, falsch verstanden zu werden", sagt er.

In Berlin war so zuletzt Verwirrung entstanden, als das sogenannte "S-Fahren" offiziell für abgeschafft erklärt wurde, obwohl es offiziell immer schon als „Fahren ohne gültigen Fahrschein“ bezeichnet worden war. Wo es aber um bedeutsame Weichenstellung für die ganze Welt gehe, dürfe nicht das bekannte deutsche Kleinklein des subsidiaren Bundesstaates die Feder führen, ist Achtelbuscher sicher. "Lieber einmal mehr und deutlich als vielleicht nicht richtig."

Vorbild Babenhausen

Vorbild müsse hier die Initiative der hessischen Stadt Babenhausen sein, deren Ehrenbürger Adolf Hitler nicht ist, die aber trotzdem nicht darauf verzichten will, dem früheren Führer und Reichskanzler den Ehrentitel, den er nicht trägt, noch einmal in "einem symbolischen Akt gegen Ausländerfeindlichkeit" (FAZ) zu entziehen. Hans Achtelbuscher regt in diesem speziellen Fall an, es nicht bei einem Entzug zu belassen. "Man könnte das ab jetzt in jedem Jahr tun, um ein Zeichen zu setzen." Denkbar wäre ein Trauerakt mit großer Signalwirkung, zumal zahllose andere Städte und Gemeinden sich den vielleicht perspektivisch sogar bundesweit als Feiertag zu begehenden Hitler-Ehrenbürgerwürde-Entziehungstag anschließen könnten. 

Eben die verspricht sich der  Sprach- und Bedeutungsforscher auch von einer bundesweiten Verordnung zur Vermeidung der Verwendung von womöglich falschverstehbarem Vokabular wie "schwarz" wie sie die Betroffeneninitiative S-Mensch (BI SM) fordert. Schwarze Löcher, Schwarze Märkte, Schwarzfahrer, das Schwarze Meer, Schwarzsehen, Schwarzarbeiten, Schwarzärgern und Schwarzer Humor, die schwarzen Uniformen der SS - "solche Begriffe haben für S-Menschen einen negativen Anklang“, heißt es bei der BI SM. „Es wird damit assoziiert, dass Schwarzes für etwas Negatives steht.“ 

Schwarz heißt arm

Keine Entschuldigung sei es, dass "S-Fahren" sich sprachwissenschaftlichen Studien zufolge nicht von der Farbe, sondern vom jiddischen Wort "shvarts" ableitet, das arm heißt. Die Wirkung auf Betroffene sei dadurch nicht minder heftig. „Ein Schwarzes Loch macht Angst, Schwarzer Humor wird häufig falsch verstanden und das Schwarze Meer ist Menschen zufolge, die es selbst gesehen haben, keineswegs schwarz", analysiert Achtelbuscher. 

Selbst wenn willkürliche Benennungen ursprünglich vielleicht gar nicht so rassistisch angelegt gewesen seien, wie sie heute aufgefasst würden, bleibe als Wirkung immer, dass "Schwarz" für etwas Negatives steht, "für Kriminalität etwa oder Illegalität.“ Deshalb sei es sinnvoll, den ursprünglich harmlosen Namen einer Farbe nicht mehr zu nutzen. "Sprache muss mit Blick auf die aktuellen gesellschaftlichen Realitäten und ihre aktuelle Wirkung vor dem Hintergrund des jeweiligen Zeitgeistes auf den Prüfstand gestellt und bewertet werden." 

Das bisherige Schwarze Meer könnte so künftig als fahren-ohne-gültigen-Führerschein-Meer, kurz Fogf-Meer, bezeichnet werden. "Entsprechens spärchen wir in der Astrophysik dann auch von Fogf-Löchern und in Nachkriegsromanen müssten die Schwarzmärkte in Fogf-Märke umredigiert werden. Ein auf den ersten Blick hoher Aufwand, doch "stärkerer gesellschaftlichen Zusammenhalt verspricht hier eine gut Rendite", sagt Hans Achtelbuscher.


10 Kommentare:

Die Anmerkung hat gesagt…

Kann man sich schwarz ärgern und trotzdem weiß bleiben? Frage für einen Diversisten.

Egon W. Kreutzer hat gesagt…

Alles gut gedacht, aber:

Wie soll denn sichergestellte werden, dass künftig nicht "Fogf" als diskriminierend wahrgenommen wird? Es ist doch eindeutig so, dass "Fogf" als Synonym für "Schwarz" verwendet wird. Das ist wie mit der Israelkritik ...

Volker hat gesagt…

Nichts Neues unter der Sonne. Die Vorbilder der zeitgenössischen Faschisten hatten auch ihre Sprachreinigungspläne.
Als Beispiel im downloadbaren PDF, letzte Seite

https://www.file-upload.net/download-14633875/DerStuermer-1942Nr.50.pdf.html

Anonym hat gesagt…

'Sprachozid' und Genozid gehören immer zusammen, wenn man den Genozid nicht so einfach in die Gänge bekommt.

Anonym hat gesagt…

@ Egon = böhmisch ßilnij ß mjetschem: Nützt alles nichts, wir sind im Gesäß.
Die besten Blogger haben das Handtuch geworfen, die zweitbesten lassen sich von eklen Trollen am Nasenring herumzotteln.

Anonym hat gesagt…

"Gott strafe England" konnte man heute im Netz lesen .

nun - immerhin hat er die englischen Proletarier hart bestraft - oder anders ausgedrückt : den klugen Schachzug des Trainers reich belohnt .

träge schlurft der Buntmensch durch die Arena - wenigstens der junge Flitzer war deutlich fitter als seine Verfolger aus Wakanda .

( großartig wie der Systemfunk das Versagen hochbezahlter Buntmenschen erklärt )

Tranko hat gesagt…

Ich bitte um Aufklärung, ich bin ein alter Mann. Das alles ist doch Satire, oder ?

Anonym hat gesagt…

https://archive.org/details/aaaaa_202107

der stellvertretende brit. Botschafter hat eben einen Vortrag über die sprichwörtliche englische Fairness gehalten ( Buh-Rufe , Laserpointer ) na ja . Freimaurerhumor eben

Jodel hat gesagt…

Wenn es nicht so traurig wäre, wäre es schon wieder lustig. Manchmal fragt man sich schon, was von unserer Sprache eigentlich noch übrig bleiben wird, wenn denn eines schönen Tages alle nötigen Säuberungswellen durch sind. Viel mehr als das Newspeak aus 1984 kann es wohl leider nicht sein.

Jeden Tag denke ich, das das Wahnsinnspendel jetzt doch endlich genug ausgeschlagen hätte und langsam mal der Rücksturz in Richtung Mitte beginnen könnte. Aber nein, jeden Tag geht es weiter und weiter. Ist die Diversityskala denn wirklich nach oben hin offen? Kann denn dieser Bogen niemals überspannt werden?

Bran Dung hat gesagt…

Als professioneller Schwarzseher stehe ich nun vor dem Problem, meine in jahrelanger Augen-zu-und-durch-Mühe hart erarbeitete innere Totaldüsternis irgendwie künstlich erleuchten zu müssen, um von den Helldeutschen nicht als Rassist gebrandmarkt zu werden.

Soll ich mit eine LED implantieren lassen, die vom Hirnschrittmacher Cerebral 2000 mitversorgt wird? Hat der dafür genug Energieoutput, oder ist auf dem Schädeldach eine zusätzliche Solarzelle nötig?

Wie soll es denn nun heißen, das durch deutsche Weltrettungsexperten jetzt namenlose Binnenmeer zwischen Türkei, Georgien, Russland, Ukraine, Rumänien und Bulgarien?

Wie wäre es mit Türgeorusukrubul-Meer?

Damit könnte sich kein Anrainervolk diskriminiert fühlen.

Komme ich mit dieser tollen Idee jetzt ins Fernsehen?