Sonntag, 24. April 2022

Schuld: Eine Frage des Schuldigen

Wenn es passt, reicht Mitschuld, passt es nicht, gibt es gar keine Schuld, nur die Verantwortung der Unschuldigen, sich nie zu gewöhnen.

C
em Özdemir kann es natürlich. Der frühere Außenpolitik-Experte der Grünen, mangels anderer Ministermöglichkeiten auf seiner letzten Karriereetappe noch schnell ins Landwirtschaftsfach gewechselt, empfindet auch als Agrarminister ganz besondere Verantwortung dafür, die schlimmsten Kapitel der deutschen Geschichte nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Özdemir belässt es dabei nicht bei deutschen Verbrechen, auch der Genozid der Türken an den Armeniern gibt ihm Gelegenheit, zu mahnen: "Nie wieder heißt auch, immer wieder an diese Tragödie und die deutsche Mitschuld zu erinnern", ist sich der "anatolische Schwabe" (Özdemir über Özdemir).

Deutschlands Verantwortung

Viel mehr Platz war nicht, so dass die Täter zugunsten der Mitwisser zurückstehen müssen. Sie werden nie genannt, sie werden nicht erwähnt, sie sind gar nicht mehr vorhanden, ausradiert aus der Geschichte. Die Verantwortung auch für diesen Völkermord liegt nun komplett in Deutschland, nicht einmal regional gibt es bei Özdemir einen Hinweis darauf, wo sich der "Völkermord an den Armeniern und anderen christlichen Minderheiten" vor 107 Jahren wohl abgespielt haben könnte. War es in Sachsen? In Vorpommern? Oder in Brandenburg?

Eine Nebenfrage. "Nie wieder" heißt nicht nur, "immer wieder an diese Tragödie und die deutsche Mitschuld zu erinnern", sondern auch, "alles dafür zu tun, dass wir unserer Verantwortung heute gerecht werden". Rechtzeitig warnen, laut warnen und mit Name und Hausnummer warnen! 

Täter nur, wenn es passt

Nancy Faeser, Özdemirs Ministerinnenkollegin im Innenamt, hat das genau verstanden. Nach den so schrecklich aus dem Ruder gelaufenen antisemitischen Demonstrationen in Berlin mit ihren "Kindermörder Israel"-Rufen und Übergriffen sogar auf Journalisten, stellte die Sozialdemokratin ein für alle mal und diesmal womöglich abschließend fest, dass es "für Judenfeindlichkeit es in unserer Gesellschaft keinen Platz" gebe. 

Wer da demonstriert, spielt für Faeser keine Rolle, da es an den üblichen Verdächtigen fehlt. Wie Cem Özdemir, dem es wichtig ist, nicht zu erwähnen, dass die Jungtürken nicht nur an der Wiege der modernen Türkei standen, sondern auch an den Bahren von hunderttausenden von ihnen ermordeten Armeniern, legt Nancy Faeser Wert darauf, die Verursacher des neuen Berliner Judenhasses ungenannt zu lassen.

Gar nicht egal

Die Verurteilung der Verantwortlichen kommt ohne Verantwortliche aus: "Hier muss der Rechtsstaat konsequent handeln", fordert Nancy Faeser, entschlossen, sich an "antisemitische Beschimpfungen niemals zu gewöhnen - egal von wo und von wem sie kommen".

Ganz so egal ist das freilich nicht, zumindest nicht für die öffentlichkeitswirksame Aufarbeitung in tatkäftigen Tweets. Schuld wird dann stets zu einer Frage, die sich an der Person des Schuldigen entscheidet: Eignet er sich als Popanz für die eigene Agenda, reicht bereits eine Mitschuld, um ihm - und nur ihm - auch nach 107 Jahren noch ausdrücklich die Leviten zu lesen. 

Wie jeder Völkermord ist auch dieser damit Teil deutscher Verantwortung, wessen denn sonst. Und niemandens sonst! Handelt es sich  bei den Tätern allerdings um geschichtlich unbescholtene Menschen, vielleicht junge Männer, um die sich nie richtig gekümmert wurde, dann können die Betreffenden nicht nur selbst nichts dafür, es gilt auch, ihre Herkunft, ihren Glauben und ihre Identität aus der Diskussion um die Frage der Schuld herauszuhalten.

Dann gibt es gar keine Verantwortung mehr. Außer der, sich als Nichtbeteiligter nie zu gewöhnen -  eine Forderung, die den Kreis schließt: Die mit der Mitschuld tragen die Schuld, dass es immer noch so etwas gibt, denn sie haben sich daran gewöhnt.


7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Bitte keine vorschnelle Kritik an diesem Naturtalent der Argrarwissenschaft. Schließlich konnte der dem Volk ja seine gelungene Balkon-Aufzucht invasiver Bereicherungspflanzen per Video beweisen. Wer wäre für eine zukünftig erfolgreiche deutsche Hanfproduktion also der ideale Experte, wenn nicht der Haschu-Haschisch-Tschämm. Simsala bim bambasaladusa la dim samsi li bambimbisili do si li dan somsele bom bembeseleda se le den dubidubi du du dimdanbon dan du bi du du.

Er ist zwar keine Quotenfrau, kann dafür aber mit echten orientalischen Ahnen punkten.
Was will der Buntmichel mehr?

Und das mit den Armeniern waren ganz klar die Deutschen. Türken hatten damit so wenig zu tun wie heute gegen die Kurden im Nordirak. Denen liefert D übrigens keine schweren Waffen, obwohl auch sie massiv angegriffen werden. Krieg ist nämlich nicht gleich Krieg, denn da sind wichtige Bündnisse zu beachten, wer da wen unsanktioniert massakrieren darf und wer nicht.

Anonym hat gesagt…

Frankstein sagt:
24. April 2022 um 9:48

Lisa, ich schätze Adelinde, auch wenn sie sich hier vergallopiert. Die Frau im 3.Reich war keineswegs auf ihre Mutterrolle beschränkt; tatsächlich aber als unersetzliches Rückgrat des Volkes gefordert.
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Galoppi, galoppi! Aus Vitzlis Freakshow. Aber immerhin schreibt dieser Entsprungene nicht "Rückrad" ...

Anonym hat gesagt…

Das tut mir leid, dass der Türke Cem nun als Deutscher auch mitschuldig am Völkermord an den Armeniern ist. Ich fühle mich nun mitschuldig an seiner Mitschuld, die er zusätzlich zur historischen Vollschuld als Türke hat. Wie bin ich froh, dass er dank meiner Steuern zumindest keine finanziellen Sorgen erleidet.

Die Anmerkung hat gesagt…

Mautpreller 23. April 2022 at 20:12

Heute ist wieder ein Tag wo ich Dankbar bin,

Dankbar das Scholz Kanzler wurde und ich mir vorstellen kann was jetzt wäre
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Es wäre an der Zeit, daß Vietnam eine Ladung Bambusrohr nach Deutschland exportiert, auf daß ich eines erwerben kann, den Dschungel der Dummheit zu lichten.

Die Anmerkung hat gesagt…

Karl Brenner 23. April 2022 at 20:13

Oder einfacher: Stadthalter der USA
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Wikipedia

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Warum wohl?
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Zurück zum Snooker

Anonym hat gesagt…

Doa hockst di hi - "Mitschuld". Kannte bisher nur "unsere gemeinsame Verantwortung" (Kalbitz, Gauland).

Was den Antisemmelismus betrifft - mit Thomas Müntzer: Das machen die Herren selbst, daß der geringe Man ihnen feynd wird ...

Anonym hat gesagt…

Éventuélle Ballon hat schon wieder die Wahlen gefälscht