Donnerstag, 27. Oktober 2022

Vorsicht, Völkermord: Ganz knappe Kiste

Mehr als hundert Jahre mussten Menschen in Afrika auf die Anerkennung ihres Völkermords durch Deutschland warten.

Das war ziemlich knapp. Nur um ein paar Monate entging die Bundesregierung einem Ermittlungsverfahren wegen der Leugnung und Verharmlosung von Kriegsverbrechen und Völkermorden, wie es nach einer beinahe mitternächtlichen Schnellentscheidung des Bundestages in Kürze jeden erwartet, der Genozide, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen öffentlich leugnet oder "gröblich" verharmlost.  

Lange deutsche Leugnungstradition

Ganze 516 Tage lagen zwischen dem Moment, an dem Deutschland sein zuvor mehr als hundert Jahre gepflegtes leugnerisches und alle Fakten anzweifelndes Verhalten beendete. Und dem Augenblick, als der Bundestag mit 514 Stimmen aus der Regierungsfraktionen und der Union beschloss, dergleichen Handeln durch eine unangekündigte und durch die Unterbringung in einer Fußnote eines Gesetz zum Bundeszentralregister unauffällige Erweiterung von Paragraf 130 des Strafgesetzbuches (StGB) unter Strafe zu stellen.

Erst mehr als hundert Jahre nach dem Vernichtungsfeldzug deutscher Truppen gegen die im heutigen Namibia lebenden Stämme der Herero und Nama hatte sich Deutschland überhaupt bequemt, Verhandlungen mit den Nachkommen der Opfer über eine Anerkennung der deutschen Schuld aufzunehmen. Noch 2012 verharmloste die Bundesregierung die damaligen Grauen sogar gröblich, indem sie behauptete, dass die Niederschlagung des Aufstandes der beiden Volksgruppen durch deutsche Kolonialtruppen "nicht nach den heute geltenden Regeln des humanitären Völkerrechts bewertet und daher auch nicht als Völkermord eingestuft werden" könne. 

Die große Kehrtwende

Erst im vergangenen Jahr kam dann die Kehrtwende: Der damalige Außenminister Heiko Maas entschied, dass Deutschland bereit sei, die Ereignisse nunmehr doch als Völkermord zu bezeichnen. Sechzehn Monate später hatte der Bundestag "Im Lichte der historischen und moralischen Verantwortung Deutschlands werden wir Namibia und die Nachkommen der Opfer um Vergebung bitten", sagte Maas. Die noble Geste sparte viel Geld: Statt einer "echten Entschädigung" (RND) gab Deutschland gute Worte und das Versprechen ab, 1,1 Milliarden Euro zu zahlen. Eine Summe, die auf 30 Jahre verteilte nach Namibia gehen soll und genau der entspricht, die in den zurückligenden 30 Jahren ohne Anerkennung des Völkermord gezahlt wurde. 

Ein gutes Geschäft, das es nun erlaubt, die Zügel bei allen anderen Leugnern fester zu ziehen. Waren bisher nur die sogenannte "Volkverhetzung", 1871 im "Klassenkampfparagraphen des Reichsstrafgesetzbuches noch als "„Klassenverhetzung" geführt und in der DDR in "Boykotthetze" sowei später "staatsfeindliche Hetze" umgetauft, die Billigung von Straftaten aller Art  und Leugnung und Verharmlosung des Holocausts strafbar, wäre nach Inkrafttreten der ohne die üblichen Fisimatenten wie mehrfache Lesungen und Aussprachen beschlossenen Gesetzeserweiterung auch das Anzweifeln anderer Völkermorde strafbar. 

Überschaubare Liste

Die Liste der "allgemein anerkannten Völkermorde" (ECCHR) ist allerdings überschaubar. Neben dem Holocaust zählt der Völkermord an den Armeniern im Osmanischen Reichen dazu, auch auf die  Einstufung der Ermordung von womöglich bis zu einer Million Tutsi durch Angehörige von Hutu-Stämmen in Ruanda können sich die meisten Staaten noch einigen. 

Danach hört es aber auch schon auf: Die Ermordung tausender bosnischer Muslime durch bosnische Serben im bosnischen Srebrenica im Jahr 1995 in Bosnien wurde hingegen zwar vom Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien und vom Internationalen Gerichtshof als Völkermord eingestuft. In der Uno aber fiel eine entsprechende Resolution durch. Bosnien-Herzegowina hat die Leugnung dennoch unter Strafe gestellt. Deutschland dagegen hat bis heute nie ausdrücklich erklärt, das Grauen künftig einen Völkermord nennen zu wollen.

Nur "ums Leben kommen"

Mit dieser Leugnung also kämen Täter weiter durch, ebenso wohl auch mit einer gröblichen Verharmlosung der Verbrechen der Roten Khmer an den vietnamesischen Minderheiten der muslimischen Cham. Die werden bei der Bundesregierung allenfalls als "Völkermord" zitiert, letztlich aber als "ums Leben kommen" (Bundesregierung) von 1,6 Millionen Menschen "durch Zwangsarbeit, Verhungern, Krankheit, Folter und Hinrichtungen" dargestellt.

Es fehlt zur Rechtsumsetzung also an einer amtlichen Liste aus dem Haus von Justizminister Marco Buschmann (FDP), die Leugnern und Verharmlosern klar signalisiert, welche Völkermorde aktuell gerade anerkannt sind, wogegen sich die erweiterte Variante der Volksverhetzung richten darf und wogegen nicht und wie "Äußerungen" (Paragraf 130) gestaltet sein müssen, um "geeignet" zu sein, den gesamten öffentlichen Frieden im Land zu "stören" und "zu Hass oder Gewalt aufzustacheln".

Rahmenbeschluss ohne Geschlechter

Auch die EU, auf deren EU-Rahmenbeschluss zur Bekämpfung des Rassismus aus dem Jahr 2008 sich das Justizministerium als Begründung beruft, schärfer als bisher gegen unklare Leugungsversuche vorzugehen, bleibt in ihren Meinungsfreiheitsschutz-Vorgaben betont wolkig. Es gehe um die "strafrechtliche Bekämpfung bestimmter Formen und Ausdrucksweisen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit", die sich gegen durch "Rasse, Hautfarbe, Abstammung, Religion oder Weltanschauung oder nationalen oder ethnischen Herkunft definierte Gruppe von Personen oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe" richte, wobei 2008 offenbar noch kein Gedanke an geschlechtliche Orientierungen als Angriffsfläche für "Hassverbrechen" (EU) verschwendet wurde.



7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ein Massaker unter vielen. Ohne die Aufzeichnungen der Weißen hätte keiner da unten mehr Kenntnis von der Sache.

Anonym hat gesagt…

Es gibt ei Lexikon des Völkermords von Gunnar Heinson.

Anonym hat gesagt…

Völkerball sollte verboten werden

Jodel hat gesagt…

Dieses Gesetz entspricht dem neuen Goldstandart unserer Gesetzgebung. Nichts wird glasklar formuliert und festgelegt. Alles wird bewusst schwammig gehalten. Keiner kann sich mit irgendwas sicher sein. Damit kann man solche Gesetze später auf alles oder nichts anwenden.

Wenn ich raten müsste, wird es bei der Anwendung dieses Gesetzes viel mehr darauf ankommen, wer etwas sagt, als was gesagt wurde.
Die Grundguten stellen nur vielleicht nicht ganz glückliche Behauptungen auf, die bösen Buben betreiben ausschließlich und immer gewollt niederste Verhetzung.
So muss das gehandhabt werden und so wird es gehandhabt werden. Die allermeisten Mitglieder unserer Judikative haben doch inzwischen gelernt, welche Art von Urteilen den persönlichen Aufstieg befördern und welche zu Hausdurchsuchungen und Karriereende führen.

Anonym hat gesagt…

Goldstandart

Midd bobbschm D bidde. Mir sin hier nich in Russlond.

Anonym hat gesagt…

Standartenführung hatten wir letzte Woche schon / siehe Buntredaktöse vom zdf vor der Schrift an der Wand.

"trugte er die Goldstandarte vor sich herr wie ein echter Herold "

PPQ sollte einen Deutschmeister einstellen

frugte mich mal ein japanischer Student : "Sind sie der Deutschmeister? "

und nein : über die opportunistischen Scheißkerle bei der "deutschen" Justiz rege ich mich nicht mehr auf . Man denke nur an die komische Familie W. die mit erhobenen Zeigefinger am 8 Mai 1985 muss es wohl gewesen sein - sich anmaßt das Volk zu belehren obwohl doch der eigene Herr Papa Goldstandartenführungskraft und Jurist bei Adolf Bößarsch war . und W. war schon eine richtig dumme Sau , Bööringerchemieverbrecher ,Napalm und agent orange Produzent


https://www.focus.de/wissen/mensch/geschichte/brutale-bluttat-in-berlin-das-steckt-hinter-dem-mord-an-fritz-von-weizsaecker_id_11375233.html
Die Frage, was Boehringer-Vorstandsmitglied Richard von Weizsäcker damals davon wusste, dass sein Unternehmen einen Teil des Giftes lieferte, das dann über dem vietnamesischen Dschungel versprüht wurde, ist bis heute nicht geklärt.

was ich großartig finde : das salbungsvolle Köpfchen zur Seite legen , nachdenklich in die Kamera gucken .

"habe Köpfchenschräglegen auf Leeramt studiert und ich gebe gute Ratschläge für Millionen und ich kann mich nicht erinnern welche teuflischen Dinge in meiner Fabrik produziert wurden aber ich fa zum Kirchentag und ich rede salbungsvoll und wohne in einer Willer und ich studiere Philo und mir geht es gut "


so viel Hass

Anonym hat gesagt…

Richard von Agent Orange hat ja in den Neunzigern einen gesalzenen Backenstreich empfangen. Schade, dass so etwas nicht öfter... Das Schleimwort "Mitmenschlichkeit" soll er auch kreïrt haben.