Samstag, 9. Dezember 2023

Die Reihen fest geschlossen: Vorwärts in die Vergangenheit

Seit Jahrzehnten baut die deutsche Sozialdemokratie einen neuen Staat. Davon will sie auch nicht ablassen.

Nun ist es auch offiziell: Lars Klingbeil und Saskia Esken bleiben die erfolgreiche Doppelspitze der Kanzlerpartei SPD. Um den Ausgang mussten sich die beiden unumstrittenen Stars der deutschen  Sozialdemokratie keine Sorgen machen. Die Bilanz der beiden amtierenden Parteichefs sprach für sich. Alle potenziellen Konkurrenten hatten die beiden zuvor bereits ausschalten können.

Das Aus der "Arbeiterpartei"

Dessenungeachtet fiel das Wahlergebnis der beiden überraschend gut aus. Die Reste der einst so stolze "Arbeiterpartei" (Willy Brandt) versammelte sich in einer nicht nur für die älteste deutsche Partei nicht einfachen Lage beim Parteitag geschlossen hinter denen, die die Umfragewerte der Partei halbiert und das Vertrauen der Bevölkerung in die Führungsfähigkeiten der bekanntesten Genossen geviertelt haben.

Eine tiefe Sehnsucht nach dem Untergang beseelt die Partei. Beim Funktionärstreffen in Berlin war sie mit Händen zu greifen. Seit zwei Jahren führen Lars Klingbeil und Saskia Esken gemeinsam an, was übrig ist vom großen Traum von Sozialismus, Gerechtigkeit und starkem Staat. Statt Armut zurückzudrängen, gelang es in den zurückliegenden Jahrzehnten beinahe ständiger Regierungsbeteiligung nur, immer lauter über die wachsende Spaltung zu lamentieren.  

Nur noch lautes Lamento

Obwohl der Staat heute soviel Geld ausgibt wie noch nie, fehlt im gleichzeitig mehr Geld, als der je hatte. Bürgerinnen und Bürger sind zunehmend skeptisch angesichts versprochener Wirtschaftswunder, Finanzwummse und transformativer Wiederaufbaupläne. Das "beste Deutschland, das wir jemals hatten", wie es der frühere SPD-Genosse Walter Steinmeier (Mitgliedschaft pausiert) gelobt hatte, besteht dem Volksempfinden nach zunehmend aus maroder Infrastruktur, die schlecht gepflegt, mies verwaltet und ohne jeden Elan schöngeredet.

Aus dem Inneren des Raumschiffes betrachtet, in dem die SPD sich zu neuen Höhen fliegend wähnt, sieht das freilich anders aus. Klingbeil und Esken, der eine deutschlandweit weitgehend unbekannt, die andere als "Grot-Esken" verspottet, erhielten 85,6 und 82,6 Prozent der Stimmen - ein machtvolle Bestätigung eines Kurses, der im Land kaum mehr Anhänger findet, in der Partei aber für Reihen sorgt, die fester geschlossen sind denn je.

Ein Ende des Haders

Vorbei die Jahre, als Streit und Hader zwischen Führungsfiguren wie Wehner, Brandt, Schmidt oder später Engholm, Schröder und Müntefering Leben in die Bude brachte. Zielkonflikte kennt die SPD heute nicht mehr, sie verwaltet Wünsche und Träume und dass die nicht realer werden, wenn die Augen geschlossen bleiben, ist allein Schuld des politischen Gegners der heißt neuerdings nicht mehr AfD, deren Wähler die Parteizentrale aufgegeben hat. 

Sondern CDU und CSU, Parteien, die Saskia Esken als "populistischste Opposition aller Zeiten" gebrandmarkt hat. CDU-Chef Friedrich Merz betreibe "politischen Vandalismus", die ganze Union "hetze mit der AfD gegen die Ampel". Das war es, was das Funktionärsvolk hören wollte. Esken verbesserte ihr Wahlergebnis im Vergleich zu vor zwei Jahren um glatte zehn Prozent.

Rückenwind für einen Kurs, der verspricht, in dem Land, in dem heute kein Tag vergeht, an dem nicht über fehlende Fachkräfte geklagt wird, irgendwie und irgendwann eine Million neue Arbeitsplätze zu schaffen. Den Erbenden, denen, die noch etwas zu verschenken haben, und der zusammenschmelzenden Gruppe derer, die Einkommensteuer zahlen, verspricht die Parteiführung im Leitantrag "Zusammen für ein starkes Deutschland" mehr und höhere Zahlungen.

Künftige Generationen dürfen sich dafür darauf freuen, die Kredite zurückzuzahlen, die die SPD nach der als "Reform" bezeichneten Abschaffung der Schuldenbremse wieder grenzenlos aufnehmen will. 

Ein guter alter Bekannter

Der neue Staat, die Sozialdemokraten bauen möchten, er ist ein recht guter alter Bekannter. Stimmen die Wählerinnen und Wähler zu, wird künftig gar nichts mehr gehen ohne amtliche Fürsorge einer metastasierenden Verwaltung und die Lenkung und Leitung des gesamten Wirtschaftslebens aus dem Willy-Brandt-Haus. Die Geldprobleme des Finanzministers, der im kommenden Jahr mehr als doppelt so hohe Steuereinnahmen haben wird als noch vor 20 Jahren, soll ein selbstverständlich staatlicher "Deutschlandfonds" beheben, der mit Hilfe des verhassten "privaten Kapital" (SPD) jährlich ein Investitionsvolumen von 100 Milliarden Euro schafft.

100 Milliarden gelten in Parteikreisen derzeit als kleinste politische Zahl. Unter diesen magischen elf Stellen lohne es sich gar nicht, die Parteibasis und die Bevölkerung mit Versprechen zu behelligen. Die SPD steht aber hier unter nicht unerheblichem Druck.

Nach Vorabverkündigung der milliardenschweren Staatsfondspläne, die es endlich ermöglichen sollen, "ohne unnötige Bürokratie gemeinsam in Zukunftsprojekte zu investieren", kamen von der CDU unmissverständliche Signale, dass elf Stellen schon in Kürze nicht mehr ausreichen werden, wenigstens ein paar Erwartungen zu wecken. In Brüssel hatte Ursula von der Leyen dergleichen klein gedachte Absichtserklärungen rigoros weggewischt. Es sei nun die Zeit gekommen, von Milliarden zu Billionen zu wechseln, hatte die von der Union nach Brüssel entsandte frühere Vielministerin die neuen SPD-Versprechen bereits vorab als unzureichend zu torpedieren versucht.


3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Es ist ein Zeichen der Endzeit, wenn nur noch die dümmsten Leitungspositionen übernehmen. Ein gutes Beispiel ist auch der Herr Lauterbach. Die anderen klatschen rasend Beifall und denken bei sich, gut das der Krug an mir vorbei gegeangen ist.

Die Anmerkung hat gesagt…

Ich sitz am Strand. Gut, daß mir die Sonne nicht den Pelz verbrannt hat.

ppq hat gesagt…

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