Dienstag, 26. März 2024

Multis melken: So profitiert die EU vom Erfolg der Mega-Konzerne

Das Netz, wie es früher nie war: Die SPD tritt schon lange für einen durchregulierten Raum ein.

Die meisten Innovationen im Internet verdanken sich schon seit Jahren eu-europäischen Erfindern. Der legendäre Günther Oettinger war es, der die ersten Online-Steuern ins Spiel brachte, auf die Kappe des EU-Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz geht die Idee eines umfassenden Werbeverbots und mit der Cookie-Richtlinie gelang es Europa sogar, ein "Grundgesetz" (Tagesschau)  für die bis dahin wild wuchernden Datenautobahnen zu erlassen, mit dem weltweit eine "Zähmung des Internets" (Handelsblatt) gelang.  

Im Land Übermorgen

Ein Zeichen, auf das die Welt neidisch schaute, denn nach "besseren Cookies" (Die Zeit) sehnen sich Menschen auf allen Kontinenten fast genauso wie nach strengster Aufsicht und Regulierung. Dass der seit der Realisierung der "Lissabon-Strategie" wettbewerbsfähigste und dynamischste wissensgestützte Wirtschaftsraum der Erde keine eigenen Internet-Unternehmen von Belang hat, ist allenfalls ein Schönheitsfehler.

Ja, Europa spielt im Internet heute dieselbe Rolle wie die DDR nach ihrem Beitritt zur BRD. Der Kontinent ist Konsumtheke für Apple, Amazon, Google, Meta und deren chinesische Konkurrenten, ein bisschen aber auch verlängerte Werkbank, an der zur Aufrechterhaltung von Moral und Betriebsfrieden im Sozialstaat subalterne Hilfsarbeiten durchgeführt werden. 

Im letzten Waggon

Ganz vorn aber ist der letzte Waggon im "größten Wirtschaftsraum" (EU-Kommission) bei der Aufsichtsführung: Mit KI-Gesetz, Digital Markets Act und Digital Service Act sind eben gerade drei neue Leitplanken nach einander eingezogen worden, die vielleicht nicht versprechen, dass junge Innovatoren aus aller Herren Ländern nun nach Deutschland, Italien, Griechenland und Belgien strömen. Die aber vielversprechende Möglichkeiten bieten, anderweitig vom weltweiten Wettrennen um die Herrschaft in Digitalien zu profitieren.

Die EU-Kommission muss dazu nicht säen, nicht gießen und nicht einmal selbst ernten. Sie eröffnet wie seit jeher schon einfach sogenannte "Wettbewerbsverfahren" (Die Welt), ermittelt ein wenig, aber lange, verkündet dann eine atemberaubend hohe Summe als Strafe, lässt Meldungen verbreiten, dass das Internet damit sehr viel besser geworden sei und posiert zumindest für einen Moment in einem glänzend hellen Licht, das alles Versagen beim Versuch, Bedingungen zu schaffen, die eigene europäische Internet-Riesen entstehen lassen könnten, im Schatten versinken lässt.

Die EU melkt die Multis

Niemand braucht sie, denn die EU melkt die Multis auch so reichlich. Die Summe, die Google eines Tages zahlen soll, steht bei über acht Milliarden Euro, bei Apple sind es 15 Milliarden, Meta ist mittlerweile 4,5 Milliarden schuldig, Amazon drohten sogar 47 Milliarden Euro Strafe. Summen, dieim neuen Verfahren gegen die Google-Mutter Alphabet, den iPhone-Hersteller Apple und den Facebook-Mutterkonzern Meta leicht zusammenkommen könnten, denn Brüssel hofft, dass sich die Unternehmen nicht an das neue Gesetz für digitale Märkte halten, das zwingend vorschreibt, wie die Marktmacht der Digitalkonzern begrenzt wird.

Alphabet und Apple sollen App-Entwickler nicht mehr zur Nutzung ihrer hauseigenen App-Stores zwingen dürfen, Google muss seine vielen einzelnen Dienste voneinander entkoppeln, um den Nutzern ein Cookie-Richtlinie 2.0-Erlebnis zu bieten. Die Facebook-Mutter Meta schließlich wird verdächtigt, ein Bezahlmodell für Facebook und Instagram anzubieten: Für 9,99 Euro im Monat können Accounts werbefrei geschaltet werden. Alternativ müssen personalisierte Anzeigen akzeptiert werden, weil Meta behauptet, dass sich die beiden Plattformen nur so finanzieren ließen. Dabei zeigt das Beispiel des kommissionseigenen Kanals auf Mastodon, dass es auch anders geht: Werbefrei, aber nur mit Anmeldung.

Folgebereitschaft herstellen

Der scheidende EU-Digitalkommissar Thierry Breton sieht im neuen Mammutverfahren, dass sich nach allen bisherigen Erfahrungen wenigstens bis 2030 hinziehen wird, eine große Chance, "Folgebereitschaft herzustellen". Über Jahre werden die Wettbewerbshüter der EU Arbeit und Brot haben, selbst wenn die ersehnten Milliarden am Ende wieder nicht fließen, erzeugt das virtuelle Guthaben ein schönes Gefühl in den Mitgliedsstaaten, deren Mitgliedsbeiträge sich gemäß des EU-Verteilungsschlüssels anteilig reduzieren würden, ginge doch irgendwann eine Zahlung ein. 

Ob es so kommt oder doch so wie immer, tut gar nichts zur Sache, weil, ohnedies niemand jemals darüber berichtet, dass eine der hart bestraften Firmen wirklich bezahlt hat. Mit der öffentlichen Ankündigung der Durchsetzung der EU-Regeln und der Erwähnung, dass zum Begleichen der Rechnung nur wenige Monate bleiben (Stand 2018), ist der Hauptzweck der Übung erfüllt.


3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Zeller hat es grad zu einem anderen Thema schön gesagt: Das Geld fließt direkt in die Demokratie.

Die Anmerkung hat gesagt…

Taj Farrant: House Always Wins

https://youtu.be/OuiXE-N3e4I

Volker hat gesagt…

OT
Auf den ersten Portalen wird es schon wieder gelöscht. Wen es interessiert, der Klimafilm

https://www.youtube.com/watch?v=A24fWmNA6lM