Montag, 8. Dezember 2025

Aufschrei in Bronze: Kunst gegen den harten Kurs

Mahnmal unbekannter Flüchtling, CDU Kunstaktion, Friedrich Merz Flüchtlingspolitik, Frontex Kritik, Willkommenskultur 2025, Aktionsmonument Adenauer-Haus
Mit der Aktionsstatue "Dem unbekannten Schutzsuchenden" hat der sächsische Bildhauer Jan Laurenz Dippelberg mitten in Berlin ein deutliches Zeichen gesetzt.

Ein Blumen- und Kranzmeer ist es nicht, das den Boden vor der CDU-Bundesparteizentrale bedeckt. Ein paar Sträuße nur liegen da, vom Frost gezeichnet und angegraut. Doch viele Passanten bleibe an diesem milden Klimawintertag vor dem Konrad-Adenauer-Palast stehen. Sie verharren still, einige stellen Kerzen nieder. Zu Füßen einer überlebensgroßen Bronzestatue liegen Kuscheltiere und persönliche Notizen, Grußbotschaften zumeist. "Wir schaffen das", hat ein Kind geschrieben. "Friedrich Merz - denke nach!" eine erwachsene Frau mit eleganter Handschrift.

In der Nacht zum ersten Advent 

Das Mahnmal "Für den unbekannten Flüchtenden", das der sächsische Bronzebildhauer Jan Laurenz Dippelberg der Kanzlerpartei in der Nacht zum ersten Advent vor die Nase gestellt hat, erregt Aufsehen. Dippelberg hat es eigener Aussage nach zum Gedenken an die Zeit geschaffen, in der es unmöglich war, Deutschlands Grenzen zu kontrollieren. Mit Merz, sagt der Künstler, sei eine Generation Politiker zur Macht gelangt, die die Grundwahrheit ignoriere. "Sie brüsten sich damit, einen harten Kurs gegen alle zu fahren, die sich von uns Schutz und Hilfe erhoffen."

Für Jan Laurenz Dippelberg, der im Sommer mit der Initiative eines Robert Habeck gewidmeten "Robertinum" im erzgebirgischen Bad Walterberg bundesweit Aufsehen erregt hatte, wollte ein deutliches Zeichen gegen diesen galoppierenden Werteverfall setzen, wie er den neuen harten Kurs des Kanzlers nennt. Für ihn, der aus der früheren Bürgerbewegung der ehemaligen Ex-DDR kommt, sei die Zurückweisung Asylsuchender ein Zivilisationsbruch. "Gerade weil die gesamte EU mit nahezu allen unseren Partnern auf diesem Geisterkurs fährt, ist es doch an uns, den richtigen Weg weiterzugehen."

Landestracht in Bronze 

Die Idee, einen Schutzsuchenden in seiner Landestracht in Bronze zu gießen, kam dem studierten Bildhauer und Kupferstecher bei einem Spaziergang durch das Berliner Regierungsviertel.  Am Spreeufer gegenüber dem Bundeskanzleramt, mit direktem Blick auf die dort laufenden Erweiterungsbauarbeiten, sei ihm eingefallen, wie er hier noch vor sieben Jahren gemeinsam mit  Künstlerkollegen vom Zentrum für Politische Schönheit einen echten Seenotrettungseinsatz simuliert hatte. "Unsere Kunstaktion "Escape Europe" erregte damals großes Aufsehen", erinnert er sich.

Direkt zu Füßen des hochaufragenden Kanzleramtes und in Rufweite des Parlaments hatten Political Beauty und Dippelberg mit einigen weiteren Freunden aus der Kunstschaffendenszene auf die unhaltbaren Zustände an den offenen Grenzen aufmerksam gemacht. Geschützt nur von dünnen Rettungswesten und ausgerüstet mit dem Mut der Verzweiflung über die rechtsextremistisch geprägte Lage paddelten 47 Künstlerinnen und Künstler über die Spree. Ein aufrüttelndes Sinnbild für die gefährliche Fahrt über das Tyrrhenische Meer, gejagt von den Schnellbooten der in Warschau residierenden EU-Grenzschutzagentur Frontex. 

Eingeschlafene Willkommenskultur 

Zum Entsetzen von Jan Laurenz Dippelberg aber schlief die Willkommenskultur in der Zeit danach eilig ein. "Statt Geld in die Anwerbung weiterer Fachkräfte und deren Integration zu stecken, investiert die EU-Kommission lieber in ein neues Frontex-Hauptquartier", kritisiert er. Der Bau sei für die künftige Erweiterung der Agentur auf bis zu 30.000 Mitarbeiter projektiert. "Dabei würden die 250 Millionen Euro, die die EU dafür bereitgestellt hat, vollkommen ausreichen, um die Kosten für die nach Deutschland geflüchteten Menschen für beinahe drei Tage zu decken."

Dippelberg wäre früher beinahe einmal selbst CDU-Mitglied geworden. Doch ehe es dazu kam, trat er von seiner Absicht zurück. "Helmut Kohl hatte den von mir hochverehrten Heiner Geißler kalt aus dem Weg geräumt", sagt er. Das sei zwar bereits geschehen, bevor er als DDR-Flüchtling am 3. Oktober 1990 Bundesbürger wurde. "Doch als ist es erfuhr, stand meine Entscheidung, dass ich einer solchen Partei nicht angehören möchte." 

Parlamente ohne Brandmauer 

Dass die SPD, der er zeitweise auch habe beitreten wollen, damals im Bundestag damals in Sachen Einheit gemeinsame Sache mit der Union gemacht habe, trug ein Übriges zu seinem Entschluss bei, auch kein Sozialdemokrat zu werden. "Wer konnte schon sicher sein, dass in vier oder acht Jahren dieses Land noch ein demokratisches Land sein würde?", beschreibt er seine Überlegungen zu einer Zeit, in der Nazihorden auf den Straßen marschierten, Skinheads den Kulturkampf gewonnen zu haben schienen und rechtsextreme Parteien wie die Republikaner und die DVU sich brüsteten, in Parlamenten ohne Brandmauer akzeptiert zu werden.

Die meisten Opfer jener Jahre seien heute vergessen. "Fragen Sie die Menschen", klagt er. Außer dem berühmten Antonio Amadeu, an den die gleichnamige Meinungsfreiheitsstiftung erinnere, habe kaum ein Schicksal wirklich Spuren im kollektiven Gedächtnis hinterlassen. Durch das Wissen darum habe er sich radikalisiert, gibt Dippelberg freimütig zu. "Die CDU ist eine Partei der geistigen Brandstiftung", warnte er in seiner kurzen Eröffnungsansprache zur Einweihung  seines Kunstwerkes, das er selbst ein "Aktionsmonument" nennt. "Merz setzt auf dieselbe populistische Masche, die schon der späte Olaf Scholz benutzen wollte, um sich Liebkind zu machen bei denen, für die nur ein remigrierter Flüchtling ein guter Flüchtling ist." 

Spontaner Applaus für den Kunstschaffenden 

Gebannt lauschten die über US-amerikanische und chinesische Sozialnetzwerke wie X, Whatsapp und TikTok informierten Menschen den Worten des Einzelkämpfers und Überzeugungstäters, der seinen Stil schon als Kind an den Klassikern des sozialistischen Realismus geschult hatte. Seinen offenen Worten, dass die offene Gesellschaft unter Feuer der Anti-Aufklärer, die "Feuer an Unseredemokratie legen wollen", wurde spontan applaudiert. "Jubel brach aus, als ich sagte, dass wieder jemand versucht, zu definieren, welcher Mensch ein Mensch ist."

Für Jan Laurenz Dippelberg ist die Antwort auf diese Frage klar. "Jeder ist ein Mensch, und jeder ist ein Jemand, und niemand ist ein Niemand!", formuliert er deutlich. Angesichts der Flüchtlingspolitik, die CDU, CSU und SPD unter Missachtung der gemeinsamen europäischen Regeln und der völkerrechtlichen Vereinbarungen zwischen  den Schengen-Staaten betreiben, sei es höchste Zeit, zu handeln.  Dippelberg spricht sich klar für ein Verbotsverfahren für alle drei Parteien aus. Belege für die Verfassungsfeindlichkeit der Regierungspolitik gebe es genug. "Denken Sie nur an das Urteil zum Klimafonds", sagt er, "oder an die vielen gescheiterten Versuche der Volksparteien, das Wahlrecht passgenau auf den eigenen Vorteil zuzuschneiden."

Risiko Verbotsverfahren 

Dippelberg, der sich von Besuchern gern mit seinem Kunstwerk fotografieren lässt, schwankt zwischen Zuversicht, wie sie der Vizekanzler zuletzt forderte, und reiner Verzweiflung. "Was muss eigentlich noch geschehen? Was muss noch gesagt werden? Wie viel muss noch gehetzt werden?", fragt er. Natürlich sei ein Verbotsverfahren gegen ehemalige Volksparteien, die derzeit auch noch die Bundesregierung stellen, ein Risiko. Aber die "Rot-Front"-Rufe, die bei SPD-Parteitagen zu hören seien, "müssen uns doch ebenso aufrütteln  wie die Kampfansage an die Sozialpartnerschaft, mit der Frau Bas kürzlich so unangenehm aufgefallen ist".

Wer so Front mache gegen das Erfolgsmodell soziale Marktwirtschaft, müsse mit dem wehrhaften Rechtsstaat rechnen, denkt er. "Das Grundgesetz sieht die Möglichkeit ausdrücklich vor, Parteien zu verbieten, die den Rechtsstaat und die Demokratie abschaffen wollen." Dass es auch Kritik an seiner Kunstaktion gebe, habe ihn nicht überrascht. 

Die üblichen Abwehrreflexe 

"Die üblichen Abwehrreflexe", nennt er die auch persönlich gefärbten Angriffe auf seine Person. "Man hat mich einen unverbesserlichen Habeck-Fan genannt und einen ostdeutschen Quertreiber, der die Migrationsprobleme missbrauche, um als Künstler bekannter zu werden", sagt er. "Aber ich frage mich: Worin besteht der Missbrauch?" Es gehe ihm darum, den Finger in eine demokratische Wunde zu legen und zu sagen: Bis hierher und nicht weiter!" 

Natürlich ärgerten sich die Damen und Herren im Adenauer-Haus, dass ihr Rechtsdrall nicht unwidersprochen bleibe. "Aber wenn die demokratische Mitte es schon nicht schafft, gemeinsam auf die Straße zu gehen und ein deutliches Stoppzeichen zu setzen, dann ist man eben als Einzelner gefordert, die Öffentlichkeit aufzurütteln." Dippelberg appelliert mit seinem Aktionsmonument an alle, sich für die Demokratie einzusetzen. "Die Abschottung, das Blinken nach rechts, alles, was wir heute beklagen, liegt auch in unserer Verantwortung", sagt er. Bisher sei zu wenig unternommen worden. 


2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Darf denn jeder "Geistesschaffende" Primat seine Ergüsse ungefragt auf öffendlichen Plätzen präsentieren? Die Kosten für Bronze(sind ja nur paar hundert Kilogramm), Formung, Guß und Montage trägt der "Künstler"?
Wohl eher, wie immer, der weichgespülte Steuertrollo.

Anonym hat gesagt…

Außer PPQ berichtet keine weitere deutsche Weltpresse von dem Kunstgau vor dem Christenhaus. Was ist los? AI (Art Intervention) am Werk?