Freitag, 23. Januar 2009

Mannichl: Staatsdichter wusste es vorher

Um nicht weiter auf offener Bühne und vor vollem Haus über die im eigenen Haus verbrochenen Frontberichte zum Fall des von einer geheimen Macht beinahe erstochenen Passauer Polizeichefs Alois Mannichl berichten zu müssen, fand die "Süddeutsche Zeitung" jüngst auf Anregung einiger Blogs mitten im mehrere Millionen Werke umfassenden Fundus der Weltliteratur tatsächlich ein Buch, das fast beinahe und doch nicht sehr genau "den Fall Mannichl vorwegnahm" (SZ). Auch in dem Krimi kommt ungewöhnlicherweise ein Polizist vor, dazu ein Messer und eine Tür - die Parallelen sind unübersehbar, wenn man keine Lust hat, wonaders hinzugucken.

Etwa hierhin: In Berlin steht derzeit der oberste Rock´n´Roll-Dichter der bislang trotz aller Bemühungen von Angela Merkel und Franz Müntefering immer noch einzigen deutschen Arbeiter- und Bauernrepublik vor Gericht. Kurt Demmler, ein Wortakrobat, der schon in seinen jungen Jahren als im Wolga durch Land wandernder Liedermacher einen legendären Heißhunger auf frisches Mädchenfleisch mit zu jedem Auftritt brachte, soll ein halbes Dutzend junger und jüngster Choreleven mitten im Tonleiterüben zum Oralsex gezwungen haben.

Auch hier sind die Parallen zum Fall Mannichl überdeutlich. War es doch Kurt Demmler, der mitten in den anbrechenden 70er Jahren als Singwortsucher für die rebellische Kapelle Renft gleichsam alles zum Drama um den großen bayrischen Polizeitragöden in ein paar saxophonumquietschte Zeilen packte:

Schließ die Wunden deiner Sehnsucht zu,
purpurrot fällt im Theater
der Vorhang nieder.
Und Vater kommt nie wieder, nie wieder,
nie wieder, nie wieder, nie wieder ...

Zu klären wäre nun nur noch, wie der Zustand der Wunde sich den vor zwei Tagen zur Begutachtung gerufenen Gerichtsmedizinern fünf Wochen nach dem Einstich der neuen rechtsextremistischen Qualität präsentierte. Zudem welches Theater gemeint ist - etwa das Staatstheater, das Seehofer und der Rest der politischen Republik mit dem kargen Ausstattungsgegenstand Lebkuchenmesser aufführten? Zudem: Wieso ist der Vorhang purpur, und nicht braun? Schließlich noch: Wer ist Vater? Und wessen Vater ist er? Vater Staat? Vater Mannichl? Verstecken sich hier Hinweise auf einen Kinderschänderring? Was weiß Demmler über den Fall, was Mannichl nicht weiß? Kann der Dichter eine Personenbeschreibung des Schlangenmannes ohne Tattoo liefern? Süddeutsche, übernehmen Sie!

Volkskotzen mit der Zehrbeere

Abmagern hat seit dem Verbot eines privaten Magersüchtigen-Blogs durch die staatliche Volkslesefreigabebehörden einen leicht kotzig kribbelnden Nachgeschmack. Aber was sein muss, muss sein, und ehe das deutsche Volk vom Fettfleisch fällt, muss eben eine Magersüchtige dran glauben. Sofort aber kommen die mageren Poeten aus anderen Ländern und beschicken den warmherzig umfürsorgten deutsche Internet-Surfer mit ihren anheimelnd gereimte Angeboten, wie jedermann und jedefrau flugs und freiwillig jede Menge an Gewicht verlieren kann - nicht nur ein paar Gramm, nein, wir reden von Kilos: "Ihren Große der Kleidung, das Minus 2!", heißt es selbstbewusst unter der hierzulande sicher mit einer Kinder- und dünne Frauenschutz-Funktion zu versehenden Zeile: "Magere ab - Verbrenne das überflüssige Fett".

Angeblich "fühle man "sich jünger, schneller......." und das alles "machen Sie mit den wunderbaren Früchten für den Verlust des Gewichts - die Beere ACAI".

An der ist das "Beste von allen die VOLLSTÄNDIG FREI auf die begrenzte Zeit!" Nur für uns, nur heute "Hier können Sie Ihre vollständig die freie Flasche der Beere ACAI bekommen, Sie beeilen sich die Werbeaktion bald wird zu Ende gehen." Doch das Volkskotzen mit der Zehrbeere muss ausfallen. Die Magersuchtschutzbehörde hat dem Ganzen einen Marsriegel vorgeschoben. Der Link zur Zauberzehrbeere ist tot.

Freiheit ist gut, Kontrolle ist besser

Freiheit ist gut, Kontrolle ist besser, das der attentatsgeschädigte Bundes-Stasiminister Wolfgang Schäuble ganz genau. Seit er wegen eines Koffers voll Schwarzgeld vom Traum Abschied nehmen musste, selbst Kanzler zu werden, lebt der der sicherheitsfanatische Breisgauer seine Phantasien im Bundesinnenministerium aus. Derzeit in einem neuen Gesetzentwurf, der es Betreibern von Internetseiten künftig ausdrücklich erlaubt, alle IP-Adressen ihrer Nutzer zu speichern. Natürlich nur, um "Störungen zu erkennen und zu beseitigen", heißt es im geänderten Telemediengesetz.

Eine feine Sache, denn die IP-Adresse wiederum wird beim Zugangsanbieter gespeichert. Zwischen beiden steht nun nur noch ein Zettel, auf dem ein Richter die Herausgabe von Adresse und Klarnamen des Privatnutzers anordnet. Und nächstes Jahr in diesem Theater: Die Änderung des Telemediengesetzes, das dann vorschreiben wird, dass jeder Internet-Nutzer eine lebenslange, vom Bundes-IP-Amt vergebene IP-Adresse erhält, mit der er sich bei jedem Ausflug ins Netz eindeutig zu identifizieren hat. Wird wie immer mit Jugendschutz, Kampf gegen Rechtsradikalismus und Terrorismus begründet werden.

Hier gärtnert der Bock!

Kaum hatte das große Retten angefangen, da war der Retter schon von Bord: Günther Merl, als Chef der Hessischen lLndesbank erfahren im Umgang mit Milliardenverlusten, sollte als Chef des Rettungsschirmpaketdeutschlandfonds Soffin eigentlich klar Schiff machen auf der Finanz-Titanic. Weil ihm Peer Steinbrück und der Rest vom Kabinetts-Schützenfest aber ständig dreinredeten, nahm der 62-Jährige nach nur sechs Wochen Tätigkeit seinen Hut - vermutlich unter Mitnahme einer bescheidenen Abfindung und unter Nutzung freundlich gewährter zusätzlicher Pensionszusagen.

Nun ist Platz für Jüngere, denen Steinbrück und Merkel nicht hereinreden müssen, weil sie sowieso wissen, was die Chefs wollen. Finanz-Staatssekretär Jörg Asmussen, vor drei Jahren noch Chefpropagandist für gelockerte Bankaufsicht und gesetzliche gewährte verstärkte Verbriefungsmöglichkeiten, wird nun neuer Vorsitzender im gewichtig "Lenkungsausschuss des Bankenrettungsfonds SoFFin" genannten Gremium.

Asmussen hatte sich vor allem durch seine erfolgreiche Tätigkeit als Aufseher der halbstaatlichen IKB Bank einen Namen gemacht - unter seinem wachsamen Blick hatte es die winzige Bank geschafft, neun Milliarden Euro zu verzocken. Bereits im April 2008 hatte PPQ daraufhin eine Beförderung des 42-jährigen Flensburgers gefordert, dessen Karriere einst als Leiter des Ministerbüros von Gerd Schröders gescheitertem Sparminister Hans Eichel begonnen hatte.

Endlich reagiert die große Koalition. Asmussen, als Mitglied im Gesellschafterbeirat der Lobbyorganisation True Sale International GmbH ein wackerer Kämpfer für jene rätselhaften Asset Backed Securities genannten Spekulationspapiere, die die Finanzkrise auslösen halfen, steht nun den 480 Milliarden Euro vor, die die Bundesregierung zur Bankenrettung ausgelobt hat.

Nun gärtnert der Bock selbst, nun wird jede Scham fallen gelassen. Wie es sich in einer ordentlichen Nepotie gehört, werde Posten gegen Ende zu durchweg mit engen Vertrauten aus einem Kreis besetzt, der immer kleiner wird. Da durch Asmussens Aufstieg sein Platz bei der staatlichen Förderbank KfW frei wird, bei der Jörg Asmussen bisher segensreich als Aufseher wirkte, wechselt sein Finanz-Staatssekretärskollege Axel Nawrath, einst unter Oskar Lafontaine ins Finanzministerium gekommen und von Hans Eichel, der Jörg Asmussen lieber mochte, zur Deutschen Börse vertrieben, in den Vorstand der staatlichen KfW Bankengruppe. Nawrath wird damit Nachfolger von Asmussen, dessen Vorgänger er im Finanzministerium war.

Donnerstag, 22. Januar 2009

Ich kaufe einen Punkt

Wie berichtet, geriet die erste Internet-Übertragung aus dem sachsen-anhaltischen Landtag zum Fiasko. Das mag daran gelegen haben, dass die Regierung der lustigen potemkinschen Dörfer im Osten Deutschlands in ihrer unendlichen Weitsicht zwar mindestens 50 000 Euro in neue Technik investiert hatte, dabei jedoch aus dem weitsichtigen Blick verlor, dass kundiges Personal vielleicht auch ganz angebracht gewesen wäre. Das Geld scheint jedenfalls an anderer Stelle zu fehlen. Oder wie ist sonst zu erklären, dass neben der offiziellen Domain www.landtag.sachsen-anhalt.de keine 2,50 Euro übrig waren, um zumindest auch www.landtag-sachsen-anhalt.de für weitere Fehlversuche im Live-Parlamentarismus zu sichern? Dort jedenfalls wird munter für Brustvergrößerungen und Seitensprünge geworben - in Sachsen-Anhalt natürlich.

Obama: Die ganze Wahrheit

Mannichl: Schlangenglatze entkommt Ermittlern

Der Schlangenmensch, der den Passauer Polizeichef Mannichl brutalstmöglich niederstach und Deutschland damit in ein dunkles Zeitalter einer "neuen Qualität rechter Gewalt" zurückkatapultierte, er ist der Polizei entkommen, er ist vom Haken, entwischt, durch die Lappen gegangen für alle Zeit.

Sechs äußerst unterhaltsame Wochen nach der grausamen Tat, die nach Berichten des Opfers fast beinahe tödlich gewesen wäre, fahndet die Polizei nicht mehr nach einem Mann mit auftätowierter Schlange im Gesicht und auch nicht mehr nach dessen Komplizen, einem Typ wie Du und ich mit tätowiertem Kreuz auf der Wange. "Nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte mehr, dass diese Personengruppe im Zusammenhang mit dem versuchten Tötungsdelikt an Polizeidirektor Alois Mannichl steht", heißt es in einer Erklärung von Staatsanwaltschaft Passau und Landeskriminalamt (LKA). Entnommen werden darf aus den kargen Worten, dass es immer noch Ermittlungen gibt und dass die Behörden wohl auch weiter von der Existenz der tätowierten Personengruppe ausgehen, die weltweit bisher nur von einer Fürstenzeller Altenpflegerin gesichtet hatte werden können. Allerdings hat die eben nun nur nichts mehr mit der Tat zu tun.

Ein harter Schlag für die These vom "rechtsradikalen Täter", der nach ausgiebiger Planung im rechtsradikalen Rudel zu Alois Mannichl in die Fürstenzeller Ringstraße geeilt war, um dem wackeren Provinzpolizeihauptmann "Grüße vom Nationalen Widerstand" zu überbringen. Und bei der Gelegenheit gleich mal mit einem herumliegenden Lebkuchenmesser zuzustechen. Knapp am Herzen vorbei der Stich, auch wenn er dann am Messer erstaunlicherweise "keine nachweisbaren DNA-Spuren" (Staatsanwaltschaft) Mannichls hinterließ.

Als kleinen Anreiz für Selbststeller und Hobbyermittler erhöhte das LKA die ausgesetzte Belohnung für Hinweise zur Aufklärung des Verbrechens von 5.000 auf 20.000 Euro. Die bisherigen Bewerber um die Summe, die viermal höher ist als die im vergangenen Jahr für Hinweise aus die imaginären Mittweidaer Hakenkreuzschnitzer ausgesetzte, konnten mit ihren Tipps offenbar nicht reüssieren. Es ist wie beim Buchstabenraten im DSF-Nachtprogramm, nur ohne nackte Moderatorin: 500 Ratefreunde reichten in den letzten 37 Tagen Vorschläge ein, kein einziger fand bei der immer noch 50-köpfigen Sonderkommission Gnade.

Ein Schmatzer für Spritschlucker

Was war das für ein ungeheurer Kampf, den die Klimakanzlerin Angela Merkel, Umweltminister und Eisbärenpate Sigmar Gabriel und der gesamte grüne Flügel der SPD, der ja bis hinüber zu Seehofers CSU reicht, gegen "Spritschlucker" und übermotorisierte Dienstwagen führten. verboten würden sie werden, ihre Steuervorteile verlieren, eine SUV-Sondersteuer wurde angekündigt und jeder, der sich mehr als einen Fiat 500 als Neuwagen anzuschaffen ankündigte drohte, seiner bürgerlichen Ehrenrechte verlustig zu gehen.

Die Zukunft war grün und sie war schön, sie hatte enge, aber knallbunte Autos für den Stadtverkehr und für Fahrten außerorts gab es die Deutsche Bahn. Verkehr, das war klar, würde bald wieder kollektiv sein, denn das Individuum als solches steht der allumfassenden Gerechtigkeit noch immer am ausdauerndsten im Wege. Die allumfassende Gerechtigkeit aber zu schaffen hatten sie alle versprochen, von der einst fdjlernden Merkel bis zum gescheiterten Olympiabewerber Tiefensee, vom fettleibigen Pop-Beauftragten Gabriel bis zum Nokia-Verweigerer Seehofer.

Aber kommt Zeit, kommt Rat, kommt Vater Staat zu anderen Beschlüssen. Nachdem das Klima sich mit bitterem Frost aus Erderwärmungschlagzeilen verabschiedet hat, muss nun vor der Rettung der Erde die Rettung der einheimischen Autowirtschaft kommen. Klimakanzlerin und Popbeauftragter, Olympiabewerber und Nokiaverweigerer werden nun bei geplanten Reform der Kraftfahrzeugsteuer die Fahrer großer Autos begünstigen. Nach einem Vorschlag des von Spar-Minister Steinbrück geführten Bundesfinanzministeriums sollen künftig große Spritschlucker bei der Kraftfahrzeug-Steuer kräftig sparen, statt wie ursprünglich angekündigt stärker belastet werden.

Das ist kluge Politik, das ist weitsichtige Politik, denn nur wer viel verbraucht ist in diesen Tagen ein Retter der Wirtschaft und ein Held im Dienst des Vaterlandes. Der Kampf gegen die "Klimasünder" (Angela Merkel) wird dann wieder durchgestartet, wenn die Wirtschaft brummt und es wärmer. Und es wird eine Gnade sein, dass die SUV-Fahrer dann noch da sind, um für das kippende Weltklima bestraft zu werden.

Chaos-Karaoke aus der Konserve

Wenig mehr kann viel spannender sein als die Live-Übertragung der Sitzung des Landtages aus Magdeburg. Die Kosten für den Kauf eines Servers, einer Kamera und eines PC-Arbeitsplatzes, an dem ein Mitarbeiter der Landtagsverwaltung jeweils die Namen der gerade redenden Politiker live als Untertitel eintippen, die Reden aufwendig archivieren und vorher Versprecher aller Art verbessern wird, ließ sich das Hohe Haus schlappe 47.000 Euro kosten, und nun ging es erstmals live on stage: Mit nur fünfminütiger Verspätung, die rein technologisch bedingt ist, sendete der sachsen-anhaltinische Landtag seine Debatte ins Internet.

Zumindest kündigte er das zuvor an - kein "Tatort" werde es sein, aber ein Stück gelebte Demokratie, wenn das Volk draußen an den Wlan-Volksempfängern die Regierungserklärung zum Thema "Möglichkeiten und Grenzen einer regionalen Steuerung der konjunkturellen Entwicklung" von Ministerpräsidentenstrickjacke Wolfgang Böhmer werde verfolgen können.

Das Volk ließ sich dann auch nicht lange bitten und stürmte den funkelnagelneuen Landtagsserver. Der meldete später zugeschalteten Fans denn auch erstmal "warten auf landtag.sachsen-anhalt.de". Anschließend fegte die Debatte allerdings los: "Was wir hier machen, ist überhaupt nicht mehr nachvollziehbar", schimpfte PDS-Chef Wulf Gallert. Ab jetzt für alle Zeiten im Landtags-Online-Archiv.

Update: Zwei Stunden nach Start der Übertragungen läuft auf dem Landtagskanal ein Kabarettprogramm. Ein gewisser Veit Wolpert von der FDP prangert nunmehr als Wulf Gallert von der PDS die Finanzmarktkrise an, alelrdings jeweils nur 33 Sekunden lang, dafür aber in einer Endlosschleife. Auch Katrin Budde von der SPD scheint nur 33 Sekunden gesprochen zu haben und auch sie wird als Wulf Gallert in den Akten geführt.

Die ganze Chaos-Karaoke-Vorführung im Original, wie sie der Steuerzahler sich fröhliche 47.000 Euro hat kosten lassen:

Wobei uns klar war, dass die Einbettungsfunktion des Landtagskinos auch nicht funktionieren wird. Tut sie zuverlässig. Gut, wenn man sich auf Politik verlassen kann.

Arme immer reicher

Nur einen Monat und vier Tage nach unserem wegweisenden Bericht über die wachsende Armut der Reichen in Deutschland und die unaufhaltsam zuklappende Schere zwischen Arm und Reich greift jetzt auch der investigative "Spiegel" das brandheiße Thema auf.

Abgepolstert mit Zahlen, die das DIW geliefert hat, berichtet die Hamburger Illustrierte, dass die Hälfte derjenigen, die 2002 mehr Schulden als Vermögen hatten, mindestens 7584 Euro Schulden abbauen und teilweise sogar etwas sparen konnten. 60 Prozent hätten ihre Schulden vollständig abgebaut, 40 Prozent sogar Vermögen aufgebaut.

Besonders die mittleren Schichten haben danach in den letzten fünf Jahren mehr Vermögen bilden können. Die oberen Schichten hingegen hätten mehr als 50 Prozent Vermögen verloren, in den Regionen der Besserverdiener sogar kräftig: 75000 Euro gingen durchschnittlich verloren.

Mittwoch, 21. Januar 2009

Krise? Welche Krise?

Warten aufs Westpaket

Zumindest der deutsche Osten kennt das Gefühl: Die lieben Verwandten im Westen haben ein Paket abgeschickt, und nun wird gewartet auf Bohnenkaffee und Feinstrumpfhose, Gummibären, Butter und Wrangler-Jeans. Ähnlich wartet derzeit Deutschland auf die nächsten Rettungspakete, daran lässt die PPQ-Umfrage zum Thema "Wieviele Pakete werden noch kommen" keinen Zweifel. Nur vier Prozent der Abstimmenden haben die Hoffnung auf noch mehr Hilfe von Merkel und Cop. aufgegeben. Sie glauben das wars mit der Retterei.

Doch damit sind sie eine verschwindende Minderheit. Mit "noch einem" Paket rechnen sieben Prozent der Nutzer, mit "noch zwei" elf Prozent. Und 77 Prozent aller Wähler erwarten mit "mehr als zwei" Rettungspaketen im "Superwahljahr" Schäfer-Gümbel) noch richtig viele schöne verschürte Wahlkampfgeschenke.

Medial erste Wahl

Vor längerer Zeit bereits war PPQ in einer vielbeachteten Untersuchung der wachsenden Bedeutung des Wortes "gilt"
auf den Grund gegangen. "Gilt" gilt medial immer dann als erste Wahl, wenn es die "Fakten, Fakten, Fakten" (Focus) eine Behauptung nur eingeschränkt stützen - dann ist ein Star nicht der erfolgreichste seit der Erfindung des Absatzschuhs, sondern er "gilt" als solcher, ein Politiker etwa ist nicht der Machtmensch in seiner Fraktion, sondern er "gilt" als jener und selbst die Geschwindigkeit eines schnellen Autos kann ohne Nachmessung zur höchsten aller Zeiten erklärt werden - so lange nicht gesagt wird, es sei das schnellste, sondern es "gelte" als dieses.

"Gilt" aber ist in Zeiten der sprachlichen Unschärfe nicht mehr allein unterwegs, Behauptungen und Annahmen zu Wahrheiten zu erklären. Ihm assistieren "scheinen" und "scheinbar", "offenbar" und "scheint", vier selbstrückversichernde Lügen, deren Gebrauch inflationäre Züge angenommen hat. Wo Wahrheit Ansichtssache ist und das Publikum nicht mit unbequemem Wissen behelligt werden soll, für das es sich ohnehin nicht interessiert, spricht der Schwamm die passende Sprache: Oben in der Grafik findet sich die Häufigkeitsverteilung der Verwendung der Begriffe "gilt", "gelten", "scheinbar", "scheinen" und "scheint" (von oben) in den Jahren 1985 bis 2009 in deutschen Medien nach den Zahlen von Google Timeline. Scheint offenbar als Trend zu gelten.

Dienstag, 20. Januar 2009

CSI Fürstenzell

„Der Part der Zeugin ist ein aktueller Spurenkomplex, der noch nicht abgearbeitet ist.“

Doppelt hält besser

Bekannt wurde Gene Hackman, der frühere Zimmergenosse von Dustin Hoffman und Robert Duvall, mit der Rolle des unkonventionellen Drogenfahnders "Popeye" Doyle in dem Film "French Connection – Brennpunkt Brooklyn" von 1971. In seiner Vitrine stehen unter anderem zwei Oscars und vier Golden Globes. Zwar verzeichnet seine überaus lange Filmografie auch Streifen wie "Die Trottel vom Texas-Grill", dennoch gilt er als einer der markantesten und prägendsten Schauspieler seiner Generation. Am 7. Juli 2004 gab der 1930 geborene Hackman in einem Interview mit Larry King das Ende seiner Karriere bekannt. Für einige Fans kam dieser Entschluss unverhofft, Insider hatten mit dem Schritt jedoch gerechnet. Denn ein Jahr zuvor hatte der knurrige Schnauzbartträger unter dem Namen Luiz Felipe Scolari einen Vertrag als Fußball-Nationaltrainer Portugals unterzeichnet. Mit einem Augenzwinkern kommentierte der derzeitige Coach von Chelsea London das Verwirrspiel: "Wer hätte einen geborenen Amerikaner denn zum Übungsleiter bei einer großen Fußball-Nation befördert?"

Immer wieder hatte es in den vergangenen Wochen Berichte über ungewöhnliche Doppelbiografien gegeben. Ob es sich um dabei psychopathologische Fälle von seelisch gespaltenen Persönlichkeiten oder aber quasi postmoderne Patchwork-Identitäten handelt, konnte bis zum Redaktionsschluss nicht abschließend geklärt werden.

Yes we can führen

«Wir entschuldigen uns nicht für unseren Lebensstil, und wir werden auch in seiner Verteidigung nicht wanken. Jenen, die ihre Ziele durch Terror und die Ermordung Unschuldiger vorantreiben wollen, rufen wir zu: Unser Geist ist stärker und kann nicht gebrochen werden. Wir werden Euch besiegen. Wir weisen die Wahl zwischen Sicherheit und unseren Idealen zurück. Amerikas Ideale leuchten noch immer in der Welt. Und so sage ich zu allen Völkern und Regierungen, die heute hier zusehen, Amerika ist ein Freund jeder Nation und jedes Mannes, jeder Frau und jedes Kindes, die nach einer Zukunft in Frieden und Würde suchen - wir sind wieder bereit zu führen».

Auf den Punkt gebracht

"Das Verbot von Glückspiel im Internet ist genauso wirksam, wie das Verbot von Bierverkauf an unter 16-Jährige."
Dr. Raphael Gaßmann, Geschäftsführer der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V. bei der Vorstellung des "Jahrbuches Sucht 2009" am 20.01.09 in Berlin

Pöse, pöse Welt

Verkauft, ermordet, aber glücklich

Neuer Affront der chinesischen Machthaber gegen das freiheitsliebende tibetische Volk unter Führung des Dalai Lama: Nur weil die chinesische Volksbefreiungsarmee bei ihrem Einmarsch in Tibet vor 50 Jahren die Leibeigenschaft abschaffte, hat das Parlament der autonomen Region beschlossen, den 28. März zum Gedenktag an dieses Ereignis zu machen.

Am 28. März 1959 hatte die Zentralregierung in Beijing die aristokratische Regionalregierung aufgelöst, eine Million Leibeigene befreit und den Großgrundbesitz abgeschafft. Leibeigene machten bis dahin 90 Prozent der Bevölkerung Tibets aus. Angehörige der untersten Sklaven-Kategorie konnten von ihren Besitzern, darunter auch der buddhistische Klerus, wie Vieh ausgepeitscht, verkauft und straflos ermordet werden. Erst seit die Chinesen die Macht übernommen haben, zumindest in Deutschland ist die Mehrheit der Bevölkerung da sehr sicher, sind die Menschenrechte in Tibet nicht mehr gewährleistet, die Tibeter werden unterdrückt und an der Ausübung ihres Glaubens gehindert.

Virtuelle Terrorwelle

Ein Putzlappen, eine 200-Euro-Videokamera und eine alte RPG aus der großen Zeit der DDR-Kampfgruppen, und fertig ist die „neue Qualität“, diesmal nicht der "rechten Gewalt" (Merkel) sondern des islamistischen Terrors.

Das hat das investigative Magazin "Focus" durch langanhaltendes Anschauen des "Droh-Vidoes" eines verwirrten Verbraucherschützers auf Yutube herausgefunden: Früher flogen islamistische Terroristen noch mit vollbesetzten Verkehrsflugzeugen in Wolkenkratzer, sie sprengten amerikanische Kriegsschiffe in die Luft, setzten die Londoner U-Bahn in Brand oder erschossen Touristen in Dutzenden mitten in idyllischen Straßencafes - heute ist alles viel schlimmer.

Und ausgerechnet Deutschland muss mit einer ganz anderen, viel schlimmeren Bedrohung fertig werden. Ein Youtube-Video macht Angst, ein Youtube-Video versetzt Experten wie den Innenstaatssekretär August Hanning in Schrecken und den Faktenfaktenfakten-"Focus" in helle Aufregung. Der mit alten Decken und Tüchern vermummte Ansager des 30-minütigen Amateurwerks, der eine museumsreife Kalaschnikow-MPi als Staffage hinter sich gestellt hat, sei ein „sehr ernsthafter Islamist“, hieß es aus "Fahnderkreisen". Der Mann habe, auch das können Sicherheitsbehörden anhand der vorgezeigten Gebetskette einwandfrei erkennen, "Zugang zu Führungsstrukturen von El Kaida" - das heißt wohl, er darf die Haupthöhle nach Voranmeldung betreten. Zudem seien seine Landeskenntnisse über Deutschland "besorgniserregend" wie die von rund 85 Millionen anderen Menschen auf der Welt: Der Mann, der Bekkay H. heiße und nach eigenen Aussagen seit 15 Jahren erfolglos davon träumt, sich in die Luft zu sprengen, soll zeitweise in Bonn gelebt haben.

Eine ganz spezifische Bedrohung für die ehemalige Bundeshauptstadt, könnte er doch dort gezielt gegen leerstehende frühere Parlaments- und Regierungsgebäude losschlagen. Achtung nötigt den Sicherheitsbehörden auch die in gebrochenem Deutsch vorgebrachte Terrorrede des gebürtigen Marokkaners ab. Der Wortschatz sei sehr „beachtlich“, zum ersten Mal bestehe eine Terrordrohung nicht nur aus Grunzen und Schreien. Allerdings, so kritisieren deutsche Dichter und Sprachforscher, habe "Al Talha", wie sich der Vemrummte nennt, sich teilweise doch recht „verquast“ ausgedrückt. "So wird er vom Volk nicht verstanden und entsprechend", ließ Günther Grass wissen, "werden auch die Volksmassen nicht wie von ihm gewünscht hinter ihm stehen." Dennoch vermute man ein gewisses „intellektuelles Niveau“, hieß es bei den Sicherheitsbehörden: "Er ist schlau genug, sein Gesicht zu verhüllen, um später wieder einer bürgerlichen Tätigkeit nachgehen zu können."

Das Video zeige, dass Deutschland - wie von deutschen Medien schon seit 2001 nimmermüd berichtet - „in den besonderen Fokus der El Kaida gerückt ist“. Unter Umständen drohe jetzt eine virtuelle Terrorwelle. "Es könnten sich zahlreiche Nachahmer finden, die ähnliche Videos produzieren." Dazu müssten die Betreffenden, heißt es im Innenministerium, nicht einmal nach Afghanistan fahren. "Eine deutsche Kiesgrube als Hintergrund reicht völlig."

Durch solche Drohvideos werden nach Darstellung des Bundesinnenministeriums immer öfter Anschläge in Deutschland vorbereitet, viele Videos werden sogar anstelle von Anschlägen hergestellt. Ist das Video erst einmal gedreht und auf Youtube hochgeladen, das wissen alle Terroristen weltweit, ist der Rest ein Kinderspiel. Es gilt nur noch, ein Ziel zu suchen, Waffen und Sprengstoff zu besorgen und willige junge Männer zur Ausführung anzuwerben, ohne dass irgendeiner Sicherheitsbehörde etwas auffällt. „Jetzt tickt die Uhr für einen Terroranschlag“, hieß es denn auch fast schon freudig aufgeregt in Geheimdienstkreisen. So deutlich habe sich bisher ein Attentat in Deutschland noch nie abgezeichnet. "Schade ist nur, dass uns Al Talha nicht Datum, Ort und Uhrzeit hat wissen lassen."