Donnerstag, 12. April 2007

Lenin war lustig, Halle feiert rein


Che ist schick, Castro cool und Lenin sowieso Kult. Warum also den Urvater der Sowjet-Diktatur, die 40 Millionen Menschen das Leben kostete, nicht mal richtig abfeiern? Also lädt das Hühnermanhattan am 21. April ein, das 137. Wiegenfest von Wladimir Iljitsch Uljanow mit DJ Folklorumlars, Reggae und Elektrosounds gemeinsam zu begehen.
Das hat Lenin wirklich verdient, schließlich gelang es ihm, das 1918 frei gewählte russische Parlament, in dem seine Bolschwiki in der Minderheit gewesen wären, mit Gewalt aufzulösen und zahlreiche Abgeordnete verhaften zu lassen. Lenin ruinierte die russische Wirtschaft gezielt, er entwertete den Rubel, ließ Truppen in Polen einmarschieren, provozierte durch Landenteignungen und die Ermordung von zehntausenden Bauern eine Hungersnot, die Millionen das Leben kostete, und beschlagnahmte am Ende auch noch die Besitztümer der orthodoxen Kirche. In nur sieben Jahren hinterließ er eindrucksvolle Spuren in der Geschichte, er bereute nie auch nur ein einziges geopfertes Leben und starb schließlich nach mehreren Schlaganfällen stilvoll an einer verschleppten Syphillis-Erkrankung.
Geburtstag hat Lenin erst am 22.4., aber diesmal wird richtig groß reingefeiert. Nur vor allzu frühem Erscheinen warnen wir: Am 20.4. hat einer Geburtstag, der kein so guter Mensch war wie Lenin.

27 Kommentare:

Eisenschwein hat gesagt…

einer der gründe, warum ich nie ins hühnermanhattan gegangen bin. die flirten in ihrer russen-disko (einer falsch verstandenen kaminer-variation) schon seit langem mit dem kommunistischen russland. ist zwar nur folklore, aber eklige. dass der sowjetstern eine ähnlich barbarische geschichte wie das hakenkreuz erzählt, dürfte den studentischen eierköpfen entgangen sein. hier könnte übrigens "miteinander" mal ganz dringend aufklären. aber die klären ja nur in eine richtung auf.

FABRICATED LUNACY hat gesagt…

errr, ich trage einen sowjetstern am revers. aus plaste. hat mein grosser bruder circa 1973 bei der sowjetolympiade gewonnen, vermutlich auf grund vorbildlichen wissens ueber den grossen bruder.

heisst das jetzt, dass an meiner jeansjacke das blut von 40 millionen opfern klebt? brauch ich ein hakenkreuz fuer die andere brusttasche, um die balance wieder herzustellen.

also ehrlich. da is man ma vier wochen weg, und sogleich werden die letzten aufrechten von der correctness zerfressen. schickt den termin im huehgnermanhattan an den zentralrat. die werden, sind oettinger und filbinger in ein paar wochen vergessen, haenderingend nach etwas zum drueber empoeren suchen.

Eisenschwein hat gesagt…

es geht nicht um correctness, sondern um die beobachtung einer moralischen ungleichzeitigkeit. während bei jedem hakenkreuz nach dem staatsanwalt gerufen wird, tragen die rufer selber strukturell vergleichbare zeichen am revers. diese blindheit wird mit dem diktum, man könne und dürfe nicht vergleichen, verbrämt. oder kurz: nolte ist ein arschloch, aber wehler nicht.

FABRICATED LUNACY hat gesagt…

naja. ob das die selben sind, kann ich nich beurteilen. ich kenn das huehnermanhattan und seine gaeste nich.

was ich weiss is, dass bei hakenkreuzen wahrscheinlicher nach dem staatsanwalt gerufen wird, weil sich damit ereignisse verbinden, die auf deutschland und die leute dort etwas groesseren und negativeren impact hatten als die, die man mit dem roten stern assoziiert. deswegen hat man davor mehr angst.

ansonsten trage ich auf der anderen seite einen union jack. hat sich auch in dresden niemand drueber beschwert. :]

Eisenschwein hat gesagt…

ich denke, dass die indifferenz zwar historische ursachen hat, aber nicht die von dir benannten. dass die sowjets gerade in ostdeutschland nix schlimmes angerichtet hätten, scheint mir ein gerücht zu sein. da kann dir gundermann sicher mehr erzählen, aber die ddr war eben keine moderate diktatur, auch wenn grass das behauptet hat. die mehrzahl der ostdeutschen müsste eigentlich,was ihre historische erfahrung betrifft, eher anti-kommunisten sein. sind sie aber nicht.

FABRICATED LUNACY hat gesagt…

"die ddr war eben keine moderate diktatur" weil die mit dem hakenkreuz besiegt wurden, nachdem sie die mit dem stern angegriffen hatten.

Eisenschwein hat gesagt…

kauf dir das schwarzbuch des kommunismus, nimm dir drei tage zeit, und du wirst nie wieder solche einfachen rechnungen aufmachen.

FABRICATED LUNACY hat gesagt…

du hast ja recht. haetten die kommunisten sich an den nichtangriffspakt gehalten, haette adi keine front im osten aufmachen muessen.

Eisenschwein hat gesagt…

hä? jetzt werd mal nicht unsachlich mein freund. das hier ist ein ernsthaftes unternehmen und keine spaß-veranstaltung. mal sehen, was gundermann zu unserem dialog zu sagen hat.

binladenhüter hat gesagt…

ich würde dazu nur anmerken wollen, dass es mir fern liegt, den roten stern oder lenin diskreditieren zu wollen. bekanntermaßen bin ich selbst ein socialist of the heart und ich feiere bei solchen parties auch gern mit. aber den termin hier, den fand ich erwähnenswert, im historischen kontext, sozusagen. die jungen leute, ihr wisst doch, die wissen das doch alles gar nicht mehr

Eisenschwein hat gesagt…

nee, beim thema nazismus vs. kommunismus kenne ich keine freunde. verbrecher, alles verbrecher. lenin muss nicht diskreditiert werden, das hat er selber ausführlich getan.

Vox Diaboli hat gesagt…

so, jetzt ist es so weit. jetzt muss ich doch auch mal etwas dazu sagen. seit dem nolte-habermas-streit hat sich doch die linke gründlichst diskreditiert, was die einschätzung des so genannten "roten terrors" (zitat lenin) anbelangt.

ein unvoreingenommener blick ins geschichtsbuch zeigt: was war zu erst da? henne oder ei? - der eierkopp lenin. nachweislich hat sich unser schnauzbart-österreicher von der logischen, gegen klassen gerichteten brutalität der russischen volksbefreier beeindruckt gezeigt und sehr willig gelernt.

die idee mit der schutzstaffe als politisches terrorinstrument? abgeschaut bei dzierzynski. die idee mit der legitimierenden super-partei bolschewiki? mit der nsdap plagiiert. der kommunistisch aufgewertete russische zaren-gulag? in grausam und industriell arbeitende kz und vernichtungslager (ja, es gab dazwischen unterschiede) adaptiert.

das gezielte verhungern lassen der ukrainer steht dem vergasen einer religionsgemeinschaft gegenüber bzw. ging ihr zeitlich voraus.

ergo: fuchtel-adolf hat beim massenmörder lenin sehr genau hingeschaut, um sich mit dessen nachfolger ordentlich pervers messen zu können.

hier die überlegene proletarische klasse (was für unkultivierte idioten), dort die rassisch überlegenen rhein-main-elbe-germanen (welche hybris).

dem hakenkreuz wurde allerdings historisch unrecht getan. es stammt aus einem anderen kulturraum mit anderem kontext. der rote stern allerdings steht von anfang an als symbol des verbrechens. und dass er rot ist, ist wohl nur folgerichtig.

und ja: das hakenkreuz zu tragen - in europa - ist zu recht tabuisiert. den roten stern zu tragen, ist mindestens ignorant und geschmacklos. würde sich aber geben, wenn dessen träger und adepten - siehe hühnermanhattan - ein paar wochen kulturellen auswirkungen des roten sterns unterworfen wären und sich kommunistischer individualbehandlung erfreuen dürften.

ich zitiere mal den alten churchill: wer mit 20 kein sozialist ist, hat kein herz. wer mit 40 noch sozialist ist, hat keinen verstand. das trifft es ziemlich exakt.

diese verwirrten im hühnermanhattan sind produkte eines nach wie vor äußerst viele gammelspielräume und polit-rash ermöglichenden lauwarmen übertoleranzstaates. zu mindest ihr sinnfreies politgesaufe im alten diesterweg-haus hätte diesen schmalspur-che chevaras das hakenkreuz und der rote stern nie erlaubt. ob sie das begreifen?

mal ne frage an unseren komsomolzen hier: che chevara-t-shirt ist ok? wie sieht es mit einem bin laden-trikot aus? die beiden auf einer sternenbrust wäre folgerichtig. eine massenmord-ideologie, in deren statuten das vernichten von (menschen-)klassen festgeschrieben steht und zwei polit-mörder mit pop-status in einzelnen kulturkreisen - das wäre nur folgerichtig und konsequent.

FABRICATED LUNACY hat gesagt…

"mal ne frage an unseren komsomolzen hier: che chevara-t-shirt ist ok? wie sieht es mit einem bin laden-trikot aus? die beiden auf einer sternenbrust wäre folgerichtig. eine massenmord-ideologie, in deren statuten das vernichten von (menschen-)klassen festgeschrieben steht und zwei polit-mörder mit pop-status in einzelnen kulturkreisen - das wäre nur folgerichtig und konsequent. "

komsomolze? aehm... depp.

aber der vollstaendigkeit halber (es wird deine messerscharfen folgerungen bestaetigen, gundi): ich hatte mal ein tshirt motiv mit bin laden in che-pose. ey, das hatte echt muehe gemacht. war dafuer aber gelungen bis ins detail (halbmond statt stern an der muetze). das sollte man besser nich duerfen, oder? bei solchen themen is aber schluss mit lustich fuer kunst (design) oder humor (satire).

Vox Diaboli hat gesagt…

siehste. geht doch. selbsteinsicht ist der erste weg zur erkenntnis. ich lasse jetzt auch den komsomolzen weg. versprochen.

FABRICATED LUNACY hat gesagt…

kannst du ehrlich gesagt halten wie ein dachdecker. oder aber baggerfahrer.

ich bin im uebrigen dafuer dass sich binladenhueter umbenennen muss. keine wortspiele mit massenmoerdern und geistigen brandstiftern. schluss! aus! ende allende (das geht noch)!

Vox Diaboli hat gesagt…

allende? das geht auch nicht. wie gesagt: wer liest, ist klar im vorteil.

Eisenschwein hat gesagt…

hier der jugendliche jungspund, von des gedankens blässe zwar schon angekränkelt, dennoch mutig genug, sich das spaßen nicht wegen altertümlich-moralischer oder differenzierend-historischer einwände verbieten zu lassen. dort der in den kämpfen der zeit gestählte anti-ideologe, der die pc verachtet und gerade deswegen eine grundsätzliche unterscheidung zwischen kommis und nazis ablehnt. wer wird ihr herzblatt sein? auf jeden fall kommt jetzt stimmung in die bude.

ppq hat gesagt…

leute, leute, kaum ist vati mal zehn minuten aus dem haus...

um es auf einen einfachen nenner zu bringen: die satirische oder auch nur satirisch gemeinte aneignung von verbrecherfressen jeder art findet meinen ungeteilten beifall. den roten stern halte ich - ungeachtet seiner zwischenzeitlichen verwendung - für ein so überaus formstarkes signet, das seine weiterverwendung gar nicht zu verhindern sein kann. das spektakel im hühnerdings finde ich dennoch zweifelhaft, weil, zumindest meiner vermutung nach, eine auseinandersetzung mit symbolik, lenins wirken und werk etc. da nicht stattgefunden haben wird, wenn die musi loslegt. ansonsten können die da fan sein von was sie wollen, das ist mir wurscht, weil das dann ja auch eine gewisse einfältige eindeutigkeit hat, mit der ich immer leben kann. aber das das da nur dummpopzack ist, das finde ich schon erwähnenswert, wenn auch ohne während der erwähnung blutdruckprobleme zu bekommen. in kleiner runde, fabri, darf man sowas aufschreiben, man darf sich drüber mokieren und es zweifelhaft finden. so wie ichs denen nicht verbieten kann, kann mir das keiner verbieten. ich für mein teil will denen das auch nicht verbieten. vielleicht ist deren strategie ja, die lenin-schnauze umzuwerten als partysymbol. mit che hat das auch geklappt, von weiß keiner mehr, dass er ein lungenkranker allergiker mit seelenkummer und weibergeschichten war.

FABRICATED LUNACY hat gesagt…

ja. ich denke ja, wuerde man mal eine eine ausstellung machen mit gesammelten bildern dieses kitschigen pinsel-akrobaten... aeh... -- hitler, dann wuerde der ihn umgebende mythos ganz schoen schrumpfen. ausgeburten der hoelle malen nich mit spitzwegs strich.

Vox Diaboli hat gesagt…

da allerdings kunst im auge des betrachters liegt, würdest du damit todsicher auch den beifall der falschen seite bekommen.

es gibt keine menschengemachte kunst. sie wird dazu erklärt, weil es nützt - monetarisch oder politisch.

staatsmaler sitte wüßte jetzt was ich meine. kunst oder elefantenklo - das ist eine politische entscheidung. oder eine sehr private.

Eisenschwein hat gesagt…

junge, junge, junge - so habe ich mir ppq vorgestellt. ich danke allen beteiligten für ihren elan, ihr engagement, ihre verve. ich habe ein bisschen was gelernt. so soll es sein. sonst nur soviel: ppq alias blh hat natürlich recht. das unbehagen kommt aus der unreflektiertheit der aneignung von lenin, che etc. wenn man ironie - und somit reflexion - spüren würde, käme einem das ablass-amen leichter über die lippen.

Vox Diaboli hat gesagt…

das ist wahr.

FABRICATED LUNACY hat gesagt…

gundi und panzo, wisst ihr was? ich hab ne tolle idee. achtung, aufgepasst: die huehnermanhattan macher duerfen ihre lenin party machen, aber eben ohne unreflektiert mit dem thema umzugehn. genau. man muss auch mal verantwortungsbewusst feiern koennen. ich schlage vor, im rahmen der sause ein historisch-politisches quiz mit fragen zur diktatur des proletariats abzuhalten. "welcher namensgeber einer wodka-spirituose war bis 1991 generalsekretaer des zentralkomitees der kommunistischen partei der sowjetunion?" so wird das publikum sensibilisiert und gleichzeitig im unterhaltsamen rahmen fortgebildet. eine sowjetolympiade! wenn ich mir stellenweise eure argumentationen so anschaue, solltet ihr noch von frueher wissen, wie so was geht. falls nich maile ich auf nachfrage gern die kontaktdaten meines grossen bruders. so schliesst sich fast schon poetisch dieser kreis.

dobreu wehdscher.

Vox Diaboli hat gesagt…

wsoe charascho. ja spju seitschas. dui toosche?

binladenhüter hat gesagt…

gorbatschow ist meiner meinung nach keine kleinere sau als andere seines kalibers, die im gegensatz zu ihm verteufelt werden. er hat es, wie lenin, geschafft, schick zu sein, das ist der einzige unterschied. muss ich das gut finden? kein bisschen. ich finde die befreiung der menschheit von der kapitalistischen ausbeutung wichtig und richtig, denke aber, so lange ein sicherer weg dorthin nicht absehbar ist, gehört die abschaffung auf die lange bank geschoben. der mensch in seiner perfekten unvollkommenheit ist nicht für eine perfekte gesellschaft bereit. figuren wie lenin etc. konnten das nicht wissen, für dieses nichtwissen gehören sie heute aber als das gesehen, was sie waren: diktatoren, denen der wille des einzelnen so viel wert war wie eine fliege an der wand. wie gesagt, ich habe nichts gegen lenin, nun meine meinung über ihn. ich lehne aber die verheuchelte art ab, wie diese gesellschaft einen massenmörder als bestie hnstellt, die man nicht einmal als das "faszinosum" bezeichnen darf, das sie zweifelsohne war und ist, andererseits aber knilche gleichen kalibers unwidersprochen als teil der popkultur durchgehen.

Eisenschwein hat gesagt…

das meinte ich mit reflexion. wenn ich mir ein pali-tuch umbinde, ist das schick, auch wenn es abzeichen mehrerer terror-organisationen ist. zu schulungszwecken aufgehängte ns-fahnen erzeugen hingegen eine moralische hyperventilation, die in keinem verhältnis zur eigentlichen nachricht stehen. von mir aus können die kinder im hühnermanhattan den lenin tanzen, bis sie schwarz werden. dennoch ist es ein symptom für die verschiedenen maßstäbe, die an links und rechts, kommis und nazis etc. angelegt werden.

ppq hat gesagt…

genau das ist das problem. die maßstäbe sind subjektiv und diese ungleichzeitigkeit ist gesellschaft sogar hoch anerkannt