Samstag, 4. Dezember 2021

Gender-Initiative: Ein Stern, der jeden Namen trägt

Wegweisende Initiative: Ein Stern, der jeden Namen trägt.

Eine kleine, ganz kleine Sensation kam da aus Offenbach, ausgerechnet, denn seit die Grafen von Isenburg-Birstein das Örtchen nicht mehr als Residenzstadt benutzen, ist die bundespolitische Bedeutung der hessischen Metropole eher gesunken. Nach der Abwicklung der traditionsreichen Bundesmonopolverwaltung für Branntwein schafft der Bund hier einzig noch durch den Deutschen Wetterdienst Arbeitsplätze, trotzdem aber hat die "Offenbach Post" immer wieder das Ohr auf der Berliner Schiene: Schneller als alle anderen wurde hier der "Streit ums Finanzministerium" bekannt, mit dem SPD-Mitglieder die Übernahme des wichtigen Ressorts durch FDP-Chef Christian Lindner in letzter Minute verhindern wollen. Petitessen, denn bis Berlin drang die Warnung wohl gar nicht.

Ein Asterix für jedermann*in

Doch wichtiger als der Inhalt ist so oft die Form - und die hatte es hier in sich. Denn "OP-Online", wie sich die Blitzpost aus dem einstigen Zentrum der deutschen Lederindustrie im Internet nennt, verzierte den Beitrag zum heißen Thema zwar nicht bei "SPD-Mitglieder" mit dem für fortschrittlichste Medien  vorgeschriebenen Gendersternchen. Dafür aber bekamen die misstrauisch beäugte FDP*, Christian Lindner*, die Grünen* und auch die SPD* einen Asterix ab. Ein klares Zeichen, um zu signalisieren, dass es sich in allen vier Fällen um sinnbildliche Beispiele für geschlechtergerechten Schreibung zur Durchsetzung von umfassender Gleichbehandlung handelt.

Selbst für im Normalfall weit voranschreitende Medien wie die Taz, Die Zeit oder den Spiegel sind das Maßstäbe, die bislang noch niemandem je gerecht zu werden gelang. Aus der Provinz kommt nun der unüberhörbare Ruf, umfassender zu gendern, konsequenter mit Sternchen zu arbeiten und keinen Rückzieher vor geschlechtsneutral gelesenen Vokabeln zu machen. Das Land überholt die Stadt, die belächelte Prärie setzt sich an die Spitze, vor die Metropolen, es überholt sie, ohne sie einzuholen.

Falsche Indiander*innen

Das Phänomen ist aus der Zeit des Stalinismus bekannt, ebenso aber auch aus der ersten Welle der Corona-Pandemie, dem Klimakampf und dem ersten Schub in der Genderdebatte. Nur anhaltende Verschärfung führt zu fortschreitendem Fortschritt. Wer gestern noch ganz vorn marschierte, indem er sich mühte, "Indianer*innen" oder gar "Indianer:Innen" in seinen Reden zu berücksichtigen, steht plötzlich am Pranger, weil es mittlerweile "Nativinnen" heißen muss, markiert mit einem typographischen Zeichen,  das wie früher zuverlässig anzeigt, wo etwas vorkommt, das ungekennzeichnet unkenntlich in der gewöhnlichen Gesellschaft untergehen würde. 

Wer vor kurzem noch als Revolutionär galt, weil er den Kohleausstieg vor 2038 forderte, ohne Ersatztechnologie, wird plötzlich geprügelt, weil er findet, dass es nach zwei tatenlos verbrachten Jahren übermutig sein könnte, gleich noch acht Jahre früher auf eine stabile Energieversorgung zu verzichten.

Gute Stalinisten

Wie sich ein guter Stalinist 1938 über Nacht in einen unzuverlässigen Kantonisten, Spion des Klassenfeindes und Volksverräter verwandeln konnte, kann die unzureichend häufige Verwendung von Gendersternchen den säumigen Anwender*:In heute schnell ins schlechte Licht unbewältigten maskulistischen Urglaubens stellen. Verteidigung ist in einem solchen Fall kaum möglich. Wo das Prinzip der ständigen Eskalation wirkt, ist nicht nur kein Nachlassen erlaubt, es darf auch kein Nachlassen in der Beschleunigung geben. 

Das Gendersternchen, 1980 von den Mütter*innen der Feministischen Linguistik als unübersehbarer Marker für die mentale Repräsentation des verbal verunsichtbarten Teils der deutschen Menschheit erdacht, darf und muss überall seinen Platz finden, in Namen wie "Lehmann", aber auch bei Baerbock, dem Bundeswehr-Leoparden, beim Biathlon, dem Bundestag und bei den "Damen und Herren" des "Tagesschau"-Begrüßungssatzes.


6 Kommentare:

Die Anmerkung hat gesagt…

Ich bin all hier.
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ANNE SPIEGEL

Künftige Familienministerin wünscht sich einheitliche Gender-Sprache für Ampel

https://www.welt.de/politik/deutschland/article235460688/Anne-Spiegel-wuenscht-sich-einheitliche-Gender-Sprache-fuer-Ampel.html
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Ist ja bald Weihnachten.

Supernova hat gesagt…

Die Tolleranz der Willkommenssektierer überholt sich gerade selbst, denn die EU-Führer wollen unser christliches "Weihnachten" samt "Maria und Joseph" abschaffen, damit die neuerdings "Allah ist der Größte" ins Buntreich jaulen dürfenden Bereicherungsfachkräfte sich nicht behindert fühlen müssen ... oder so ähnlich.

Aber der hirnschwach gespritzte Klatschaffenpöbel hat nur eine Sorge bzw. Mission: Hetze gegen und Jagd auf angebliche Volksgesundheitsschädlinge.

Die grausigen Parallelen zu "damals" sind nicht mehr zu übersehen, falls man nicht komplett blind oder verblendet ist.

Aus dem "Kauft nichts bei Juden!" wurde ein "Verkauft nichts an Ungeimpfte!"

Aber keine aus Angst gehorsame Mitläufersau interessiert's.

Adolf hätte sicher seine späte Freude an seinem Volk.

Der lachende Mann hat gesagt…

Sie verfügen über eine profunde Kenntnis unserer jüngeren Geschichte.

Supernova hat gesagt…

@ Der Lachsack

Die Ihre unterliegt aber wohl der staatlichen Geheimhaltung, oder warum verschweigen Sie die? Wie wäre es also mal mit ein bis zwei Argumenten für ihren Sarkasmus?

Außerdem stelle ich mit eine Gesellschaft, in der man "weiß" sagt, aber "schwarz" meint, als Hölle vor.

Wo war das noch gleich mit der Frage: "Wie viele Finger sehen Sie?" ?
Ach ja, im Orwells 1984.

Weiche also von mir, Satan!

Anonym hat gesagt…

@ Blogwart: Bringt doch nix. Hätte keiner, in diesem Fall: Der lachende Mann, etwas gesagt, dann wären die ermüdend eintönigen Absonderungen wieder länger und länger, und er wieder persönlich ausfällig geworden.
Kenne mer zwar, bruche mer aver nit, fott domet.

Anonym hat gesagt…

Wie wäre es also mal mit ein bis zwei Argumenten ---

Dieses Etwas will doch gar keine Argumente. Es will stänkern, herumkotzen, sonst nichts.