Mittwoch, 29. Juni 2011

Alles muss man selber machen

Es kommt eben alles raus, manchmal sogar ganz flugs. Nur knapp 24 Stunden nach einem blutigen Überfall von Gewälttätern auf ein hermetisch abgeschirmtes Hotel in Kabul haben die "Financial Times", die "Zeit" und die "Tagesschau" mit Hilfe einer automatisiert erstellten raffinierten Überschrift der einzig wahren Nachrichtenagentur dpa nachweisen können, wer wirklich hinter dem vermeintlichen Anschlag von Extremisten steckt.

"Isaf beendet Taliban-Angriff auf Hotel" schreiben alle drei Presseorgane im Chor, offenbar um anzudeuten, dass Isaf-Truppen den Angriff als Taliban verkleidet durchgeführt haben. Nachdem das Operationsziel erreicht war, sei der Überfall der getarnten Einheiten dann "beendet" worden.

Im Unterschied zum kürzlich bei der dpa-Überschrift "Die meisten Ehec-Toten werden nie wieder gesund" erfolgten Zusammenschluß sämtlicher deutscher Medienhäuser zu den Fischerchören des Automatik-Journalismus scherten diesmal allerdings etliche Online-Organe der ehemals Vierten Gewalt aus der Einheitsnachrichtenfront aus. n-tv frohlockte stattdessen über "Spektakuläre Gefechte in Kabul", die Deutsche Welle lobt "ISAF schlägt Angriff auf Luxushotel nieder" und die altkluge "Welt" begradigt die auf höchsten Sprachniveau irrlichternde Original-Agenturzeile besserwisserisch zu "Isaf schlägt Taliban-Angriff auf Luxushotel nieder". Und enthält seinen Lesern so die subkutane Nachricht über die wahren Urheber der unverfrorenen Hotel-Attacke außerhalb jeder angekündigten Frühjahrsoffensive vor.

Deutscher Medienchor: Alle oder keiner
Die Anmerkung über Die Helden der Blutnacht

3 Kommentare:

Die Anmerkung hat gesagt…

Ich konnte mir nicht verkneifen, die Taliban als Helden der Blutnacht zu visualisieren.

Wenn's BILD schreibt, wird's wohl so gewesen sein.

ppq hat gesagt…

diese brüder. vom verhandlungstisch direkt ins hotel. und dann terror machen, wenn der kellner mit dem bier nicht kommt.

wenn der kurt beck das wüsste.

Die Anmerkung hat gesagt…

Vollkommen korrekt, wenn ich der staatsamtlichen Verlautbarung des Spiegel glauben darf.

Es waren eben keine blutrünstigen Terroristen, sondern schlichte Hotel-Angreifer, im deutschen Kontext also der Kneipenpöbel, die Jahrmarktstrolle und Oktoberfestwüstlinge, also jene Kategorie Mensch, die auch der deutschen Polizei schwer zu schaffen macht, wobei es hierzulande selten auf einen Schlag so viele Tote gibt, wenn im Suff ein Hotel demoliert wird...

Der marginale Unterschied: noch bedarf es in Deutschland nur der Polizei, um diese Krakeeler niederzukämpfen, in Afghanistan ist für solche Aufgaben die NATO vonnöten.