Samstag, 17. Oktober 2015

HFC: Einer geht noch rein

Dauert nicht lange in diesem Spiel gegen die zweite Mannschaft des SV Werder Bremen, da jubelt Osayamen Osawe das erste Mal. Doch vergebens: Wegen einer angeblichen Abseitsstellung zählt das erste von vier Toren, die der Brite heute Nachmittag machen wird, nicht.

Doch die Richtung ist vorgegeben, und Osawe ist es, der den Matchplan des nach HFC-Maßstäben immer noch recht neuen Trainers Stefan Böger umsetzt. Immer wieder kommen die Rot-Weißen gegen den Tabellenvorletzten über die rechte Seite. Sören Bertram, der wieder fast neben Osawe eine Art zweite Spitze spielt, passt mal um mal nach innen und in der 23. Minute klappt es dann. Mustergültig geht der Ball die Linie lang, mustergültig drückt Osawe den Ball ins Tor.

Erleichterung unter den 6000 auf den Rängen, die sich gegen die Ausbildungsmannschaft von der Weser eine zählbare Bestätigung des Aufwärtstrendes der letzten Wochen seit dem Abgang von Langzeitcoach Sven Köhler erwarten. Und den bekommen sie, schneller sogar als hier seit Jahren zwei Tore hintereinander gefallen sind. Diesmal macht Osayamen Osawe alles selbst: Er überläuft seinen Gegenspieler, legt sich den Ball vor und vollendet souverän.

Es ist die 25. Minute und Bremen ist tot. Möchte man meinen. Doch die Gäste scheinen aus dem Doppelschlag des HFC Karft zu schöpfen. Nach dem Anstoß haben sie den Ball, geben ihn minutenlang nicht wieder her. Und nach einem klugen Pass in die Mitte, der die aufgerückte HFC-Abwehr aushebelt, bei der gerade beide Innenverteidiger Außenverteidiger spielen und Mittelfeldmann Dorian Diring den Libero gibt, schiebt Kazior an Bredlow vorbei zum 2:1 ein.

Ein knapper Vorsprung nach einer halben Stunde wäre bis vor kurzem eine solide Grundlage für eine Zitterpartie bis in die Nachspielzeit gewesen. Aber mit Stefan Böger scheint sich nicht nur die Spielanlage der Gastgeber, sondern auch ihre Mentalität geändert zu haben. Die nach der Formtabelle der 3. Liga fünfbeste Mannschaft legt unbeeindruckt vom Anschlusstreffer nach: Dominic Rau geht außen durch und wird im Strafraum gelegt. Elfmeter. Bertram tritt an. Sicher drin, 3:1.

Es liegt was in der Luft an diesem Tag, der exakt 13.883 Tage nach dem höchsten Heimsieg des HFC überhaupt: Am 13. Oktober 1977 schlug der Club Wismut Aue hier mit 7:0, Frank Pastor machte zwei Tore, Holger Krostitz und Wolfgang Schmidt je eins und Manfred Vogel schoss die restlichen drei.

Das ist die Rolle, die Osayamen Osawe heute ausfüllt, aber erstmal ist Ivica Banovic dran. Der Mittelfeldverteidiger, von Böger gerügt, weil er erklärt hatte, er sehe seine Rolle nicht mit dem Bestreben verknüpft, Tore zu schießen, legt sich nach einem an Osawa - natürlich - verwirkten Freistoß den Ball zurecht. Nimmt Anlauf. Und macht das 4:1.

Sieg! Höchster Heimsieg in der 3. Liga! Mit den meisten geschossenen Toren seit dem 6:0 gegen Türkiyemspor vor sechs Jahren! Aber noch lange nicht Ende. 40 Minuten sind noch auf der Uhr und die offensichtlich völlig emotionsfreien Bremer spielen weiter, als ginge hier noch was. Und ja, geht, singen sie draußen, wo sich der Ultrablock zum "Motor der Kurve" erklärt hat. "Einer geht noch, einer geht noch rein!" Tatsächlich: Nach einem Gewühle im Strafraum der Hallenser, die den Ball nicht wegbekommen, segelt ein Überraschungsball von von Haacke über alle Hallenser hinweg in das von Bredlow nicht zu erreichende obere Toreck.

4:2, es wird langsam Handball, und noch sind 22 Minuten auf der Uhr. Die der HFC - inzwischen mit Jansen für den ausnahmsweise mal schwachen Brügmann - nun wieder mit sehenswertem Angriffsfußball füllt. Sobald Bertram oder Osawe den Ball haben, zittert das Bremer Abwehrgebälk. Auch das aber nützt nichts, denn in der 71. Minute ist es wieder soweit: Osayamen Osawe geht in der Mitte steil durch, behält den Ball irgendwie am Fuß und schießt ihn an Bremens Keeper Duffner vorbei ins Tor.

Der Engländer jubelt nun nicht mehr euphorisch, er grinst nur noch. Was ist denn hier los? Fünf Tore in einem Spiel - das gab es nur mal auswärts in Bielefeld, noch mehr Treffer schaffte der HFC ausschließlich gegen unterklassige Mannschaften. Und heute: In der 83. Minute ist es Marco Engelhardt, der Kapitän und Abwehrchef, der nach einem Pass von - natürlich - Osayamen Osawe keine Mühe hat, das 6:2 zu erzielen. Der eingewechselte Timo Furuholm hätte dann fast noch das 7:2 gemacht, den Abpraller von Duffner aber kann auch der ebenfalls eingewechselte Björn Ziegenbein aus Nahdistanz nicht verwerten.

Aber egal, Geschichte erlebt, das bleibt für immer. 

Der HFC steht trotz des völlig verkorksten Saisonauftakts auf Platz 5, fünf Punkte hinter einem Aufstiegsplatz. Seit Böger amtiert, hat der Club in sieben Spielen 13 Tore geschossen und nur fünf kassiert, er hat 16 von 21 möglichen Punkten geholt. In den sieben Spielen zuvor schoss er nur vier und schluckte zehn, was für ganze drei Punkte reichte.



5 Kommentare:

Carl Gustaf hat gesagt…

Und bereits nach sieben Heimspielen doppelt soviele Heimpunkte wie in der gesamten letzten Saison (gefühlt).

ppq hat gesagt…

gefühlt dreimal so viele

wolpertinger hat gesagt…

Einer geht noch rein.Nein.Das Orginal(wer hat's erfunden)
lautet:aner geht nuch,aner geht nuch nei.Sagt meine Freundin auch öfters.Klappt aber nicht immer,muss ich schon zugeben.

Anonym hat gesagt…

Woher stammt das Wappen von HFC, es erinnert ein wenig an die türkische Fahne?

derherold hat gesagt…

Vermutlich stammt das Wappen von dem Propstsiegel des ansässigen Augustiner-Chorherrenstifts (wiki)

Stadt Halle/Saale
https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Coat_of_arms_of_Halle_(Saale).svg