Freitag, 30. Mai 2025

Jagdszenen in Mediendeutschland: Jette und der Mob

Die personifizierte Mischung aus Selbstverliebtheit und Selbstbewusstsein: Jette Nietzard.

Natürlich hatte sie es darauf angelegt. Es gehört zum politischen Wirkkonzept der Jette Nietzard, die dröge, gedankenfaule Mehrheitsgesellschaft zu provozieren, ihr den Spiegel vorzuhalten oder auch den "Stern". Seit die 25-Jährige sich an die Spitze der grünen Nachwuchsbewegung hat wählen lassen, ist wieder Betrieb in der Provokationsfabrik. Binnen weniger Monate hat die kapitalismuskritische Rheinländerin ihre Vorstandsvorgänger*innen vergessen lassen.  

Für eine "klassenorientierte Politik"

Wo die mit plumper Kommunismuspropaganda den Kampf für eine "klassenorientierte Politik" hatte führen wollen, setzt Nietzard als Gesicht des neuen zweiköpfigen Jugendvorstandes - neben ihr agiert der unauffällige Jakob Blase - ganz auf Personality. Geschult am Vorbild von erfolgreiche  Medienmarken wie Greta Thunberg, Luisa Neubauer und Carla Reemtsma, etablierte sich die studierte Erzieherin in kürzester Zeit als neues Aufregungsangebot. 

Nietzard trat als "freie Radikale" (Stern) auf, sie forderte Orgasmen und Sondervermögen zu Lasten der Jüngeren, sie fantasierte öffentlich über vermeintliche Teilverbote der Nationalhymne und sie wünschte böllernden  Männern, dass ihnen die Hände abfallen mögen. "Dann können zumindest keine Frauen mehr schlagen."

Ein kluger Kopf mit Karriereplan

Hinter der großen, klugen Brille, die die Mittzwanzigerin in Kombination mit einer Art Räuberzivil aus Adidashosen, Schlabberpullovern und Sportschuhen oft wie zehn Jahre ältere Frau aussehen lässt, die sich bemüht, jung auszusehen, steckt ein kluger Kopf mit einem großen Karriereplan. Nietzard weiß, dass sich nur Bekanntheit in Macht übersetzen lässt. Wer die Follower hat, der hat nicht nur Fame, er kann auch Ansprüche anmelden. 

Timon Dzienus, nur drei Jahre älter und Nietzards Vor-Vorgänger in der Chefetage der grünen Kaderschmiede, hat es vorgemacht: Der kindlich wirkende und kindlich auftretende Junge aus Norddeutschland sitzt heute sicher und warm im Bundestag, genauso wie Ricarda Lang und Felix Banaszak, noch etwas älter, aber auf derselben Karriereleiter aufgestiegen.

Unglaublich begeisterte Kämpferin  

Nietzard bekam viel Zuspruch für ihre Provokationen, die Selbstverliebtheit, Selbstbewusstsein und eine umfassende Unkenntnis der Geschichte so geschickt kombinierten, dass immer neue Empörungswellen schwappten, wo die feministische Flüchtlingsrechtlerin sich im Kampf mit den Verhältnissen zeigte. 

Dass die "unglaublich begeisterte Kämpferin für soziale Gerechtigkeit", wie Dzienus seine Nachfolgerin genannt hat, eines Tages zu weit gehen könnte, damit war nie zu rechnen - bis es geschah: Ausgerechnet ein eher lauer und mauer Auftritt mit einem AliExpress-Käppchen und einem auf "ACAB" gefälschten  Adidas-Pullover sorgte dafür, dass Jette Nietzard sich unversehens einer wahren Hetzjagd ausgesetzt sah.

Auf einmal ein Geschäftsmodell 

Auf einmal verhöhnten eigentlich solidarische Medienhäuser sie als "Krawallgurke", ihre Geschäftsmodell wurde abfällig als "Geschäftsmodell Provokation" geschmäht und ihre Auftritte als "Show" gegeißelt. Nietzard konnte schlagartig auch nicht mehr auf Solidarität der Parteialtvorderen rechnen. Als sei die Nietzard-Methode jetzt erst aufgefallen, galt die Aktivistin nur noch als unglaublich begeisterte Kämpferin für sich selbst, schädlich für die Partei, die sie nach Meinung des grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretzschmann möglichst schnell verlassen solle.

"Wir sind nicht die richtige Adresse für die Art von Gesinnung, die ihr habt", kachelte der 77-Jährige. Grünen-Chef Felix Banaszak nannte Nietzards Beurteilung der Polizei "inakzeptabel", Cem Özdemir, der Kretschmann als baden-württembergischer Ministerpräsident nachfolgen will, schimpfte, bei den Grünen sei falsch, wer nicht kapiere, "dass die Polizei auch Grünen-Werte verteidige".

Jette Nietzard, die so lange dafür gefeiert worden, die Spaltung der Gesellschaft zu vertiefen und Gräben aufzureißen,  steht auf einmal fast ganz allein in einem Mediensturm, der ihren Fall aufwändiger abhandelte als Israel, Rezession und Friedrich Merz. Ungerecht, aber erhellend: Der gesamtgesellschaftliche Rechtsruck hat die Linke erfasst, die Grünen wenden sich aus Angst vor einem schlechten Wahlergebnis in Baden-Württemberg von den eigenen Leuten ab.


4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Irritiert etwas, dass die Medien sowas wie Grünenkritik entwickeln. Ob da jemand aus dem Lang-Baerbock-Habeck-Desaster gelernt hat? Sie lügen ja eigentlich aus Prinzip, aber es ist mir nicht klar, was dahinter steckt.

Anonym hat gesagt…

Nur keine Presse ist schlechte Presse.

Anonym hat gesagt…

Lang-Baerbock-Habeck-Desaster
Da muss ich wohl was verpasst haben. Wäre mir jetzt ungewöhnliche, neue Kunde.

ppq hat gesagt…

11,6 %