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Eine ungedämmte Fassade, die in den kommenden Jahren von Natur befreit und durchisoliert werden muss. |
Es war dann doch nur ein kurzer Kampf, den die Titanen ausfochten. Zu groß die Bedrohung von außerhalb, zu wichtig die Aufgabe gerade im Weltmaßstab. Eben noch rettungslos mit den Geweihen verheddert, gelang es Grünen, Liberalen und Sozialdemokraten schließlich doch in nur zwei Stunden, Deutschland zurückzuführen aufs Erfolgsgleis der führendsten Klimanation mit globalem Anspruch. Das neue Heizungsschutzgesetz, es kommt, allerdings eingebettet in ein neues Heizgewohnheiten-Überwachungsgesetz (HGÜG), das es Städten und Gemeinden auferlegt, den Wärmeverbrauch ihrer Einwohnenden zu erfassen, zu analysieren und gegebenenfalls regulierend einzugreifen.
Unwillen über Heizhammer
Ein Schritt vor dem anderen, alle aber Richtung Ziel, so sieht er aus, der neue Wärmeplan der Ampelkoalition, gegen den auch die lange Zeit widerspenstige FDP-Führung keine Einwände mehr hat. Was umfragetechnisch aus dem demonstrativen Unwillen gegenüber dem "Heizhammer" (Bild) herauszuholen war, haben die früheren Liberalen abgezapft. Für den Moment ist die grüne Konkurrenz ihres Zaubers beraubt. Jeder weitere Zwist, das hat Bundeskanzler Olaf Scholz den Koalitionären in aller Stille, aber mit der gebotenen Entschiedenheit deutlich gemacht, zahlt nur noch auf das Konto der Feinde der demokratischen Ordnung ein.
Klimawirtschaftsminister Robert Habeck, nach nur anderthalb Jahren im Amt grau geworden, rückte auch angesichts des Verlustes wertvoller Mitstreiter vom Plan ab, Deutschland bis 2045 co2-neutral betreiben zu wollen. Dazu war es bisher nötig gewesen, sämtliche Heizungsanlagen im Land möglichst flott durch Wärmepumpen zu ersetzen, Holzkamine und Pelletöfen zu verbieten und alle 13 Millionen noch ungedämmten Wohngebäude parallel zu den noch nicht gedämmten 14 Millionen sonstigen Bauwerken durchzuisolieren.
Der Welt ein Beispiel geben
Das erübrigt sich nun. Um die deutschen Klimaziele zu erreichen und der Welt ein Beispiel dafür zu geben, dass Klimaschutz und Wohlstandsabbau einander nicht ausschließen, gilt es nun als ausreichend, später anzufangen und erstmal nur mit Neubauten greifen. Bereits bestehende Wohnungen und Häuser blieben dann beim Klimaschutz außen vor. Auch das Spektrum der gesetzlich noch genehmigungsfähigen Heizungen würde mit Blick auf den Unmut im Land erweitert, so dass die Nutzung von Holz oder Holzpellets ungeachtet der damit einhergehenden Luftverschmutzung vorerst erlaubt bliebe.
Verschwinden könnten auch die bisher geplanten harten Vorgaben für die Dämmung, die auch progressive Akteure wie die Berliner Tageszeitung Taz vor nahezu unlösbare Probleme gestellt hätten. Erst vor wenigen Jahren war die Redaktion des Blattes in ein neues Stahl-Glas-Gebäude in der Berliner Mitte gezogen, das an Sommertagen mit "Klimakonvektoren und Fan Coils" (Baunetz Wissen) bewohnbar gehalten werden muss, weil eine hübsche Glasfassade dem Bauherren seinerzeit wichtiger erschien als eine klimagerechte und energiesparende Isolation.
Die Taz muss nicht dämmen
Bei Betroffenen herrscht nun Erleichterung über das "fatale Zeichen" (TAZ), das viele Milliarden Euro zu sparen verspricht. Dem Klima schadet das überdies gar nicht: Nach den aktuellen Berechnungen des Bundesklimawirtschaftsministers soll auch dieses abgespeckte und aufgeweichte Maßnahmepaket ausreichen, Deutschlands Klimaneutralität zum Zieltermin sicherzustellen.
Der Vorwurf, je später und halbherziger der Heizungsaustausch angegangen werde, umso schlechter sei das für das Weltklima, stellt sich damit als haltlos heraus: Wenn die klammen Städte verpflichtet werden, eines fernen Tages großräumig Fernwärme anzubieten, lässt sich die ursprünglich geplante Pflicht für Privathaushalte zum Tausch vorhandener Vermögenswerte gegen Wärmepumpen und Steinwolleplatten als unnötig erklären. Gibt man den Kommunen zudem zuvor auf, eine umfassende Wärmeüberwachung für alle Gebäude und jeden Einwohner zu erstellen, wird das lange genug dauern, die nächsten und auch die übernächsten Wahlen zu überstehen.
Das Ziel, es bleibt, aber verfolgt wird es nur noch insoweit es den Machterhalt nicht gefährdet. Dabei geht es doch um so viel: Die ursprünglich geplanten Energieeinsparungen im Gebäudesektor von mehr als zehn Millionen Tonnen CO2 in 2030 entsprechen ziemlich genau den zusätzlichen CO2-Emissionen, die ein Braunkohlekraftwerk freisetzt, nachdem es ein abgeschaltetes Kernkraftwerk ersetzt hat.