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Zwei Mann, ein Wort: "Für schnelle Entlastungen um mindestens fünf Cent pro Kilowattstunde werden wir in einem ersten Schritt die Stromsteuer für alle so schnell wie möglich. |
Prinzipiell sind alle schon immer für das Klimageld. Theoretisch wäre es schon in der vergangenen Legislaturperiode mehrfach so weit gewesen. Praktisch scheiterte die Umsetzung immer nur an diesem oder an jenem und als die Probleme schließlich ausgeräumt waren, konnten die versprochenen Überweisungen nicht mehr rausgehen. Nach zwei Jahren Recherche war es dem Bundesfinanzminister endlich gelungen, von den ihm unterstellten Finanzämtern die Kontonummern der Bürgerinnen und Bürger zu bekommen. Aber noch ehe die Umsatzträger geschrieben werden konnten, schied FDP-Chef Christian Lindner aus der Ampel-Koalition aus.
Neuanfang mit der Union
Die Auszahlung des Klimageldes, auf die sich SPD, Grüne und Liberale 2021 im Koalitionsvertrag geeinigt hatten, sollte aber trotzdem erfolgen. Nicht als Klimageld zwar. Zu kompliziert, zu ungerecht. CDU und CSU hatten im Wahlkampf eine einfachere Variante gefunden, um die Verbraucher von den rekordhohen Stromkosten zu entlasten.
Sofort nach Amtsantritt würden sie die Stromsteuer einfach auf das von der EU vorgeschriebene Mindestmaß von 0,1 Cent pro Kilowattstunde senken. Der durchschnittliche Privathaushalt werde damit mehr als zwei Cent pro Kilowattstunde sparen. Das summiert sich: Eine vierköpfige Familie zahlt rund hundert Euro weniger. Ein Einzelhaushalt fast 50.
Die SPD, im Herzen immer noch eine Partei der kleinen Leute, die für die Belange der hart arbeitenden Mitte über manches Stöckchen springen würde, stimmt zu. Im Koalitionsvertrag wurde das Vorhaben zementiert: "Für schnelle Entlastungen um mindestens fünf Cent pro Kilowattstunde werden wir in einem ersten Schritt die Stromsteuer für alle so schnell wie möglich auf das europäische Mindestmaß senken und die Übertragungsnetzentgelte reduzieren", schrieben Friedrich Merz und Lars Klingbeil.
Zwei Mänenr, ein Wort
Zwei Männer, ein Wort. Für viele Menschen war das nicht der erhoffte Ersatz für die 200 Euro Klimageld, die Friedrich Merz auch schon mal versprochen hatte. Aber nach den vielen Enttäuschungen, gebrochenen Versprechen und ausgefallenen Ausgleichszahlungen wäre irgendeine Entlastung als Gegengewicht zu den fortwährend erhöhten Belastungen durch zusätzliche Netzentgelte, schneller steigende Kohlendioxidsteuern und durch die Umstellung auf LNG bedingten Rohstoffpreisen immer noch besser als keine.
Für viele Familien geht es ja ums Eingemachte - jeder fünfte in Deutschland kann sich schon keine Woche Urlaub mehr leisten. Die Hälfte der Menschen in Bürgergeld verzichtet auf Essen, um seine Kinder satt zu bekommen.
Zwischen Leben und Überleben
2.400, hundert oder fünfzig Euro haben oder nicht haben, markiert für Arme und Armutsbedrohte die Grenze zwischen Leben und reinem Überleben. Für die "hart arbeitende Mitte", eine gesellschaftliche Gruppe, für die sowohl Union als auch SPD zeitweise im Minutentakt warme Worte zur Verfügung stellten, sind hundert Euro symbolisch. Aber als Zeichen unbezahlbar, dass es endlich mal andersherumgeht.
Ohne zu Murren hatten sie alle, für die höheren Lebenshaltungskosten einen sinkenden Lebensstandard bedeuten, das Hinhaltespiel um das Klimageld hingenommen. Merz war die Hoffnung, sein Versprechen, hier und da und eigentlich überall kräftig zu entlasten, weckte Erwartungen. Könnte Merz es ernstgemeint hatte, als er eine Stimmungswende bis zum Sommer vorhersagte? Wie würde der große Plan aussehen, auf dessen Umsetzung der Christdemokrat seine Regierung einschwört?
Sie hatten nie einen Plan
Es gibt wohl keinen, es gab ihn nie. Noch vor dem Einzug ins Kanzleramt räumte Friedrich Merz die Schuldenbremse ab, danach verabschiedete er sich eilig vom Zwei-Prozent-Ziel der Nato und der Zusage, das Heizungsgesetz abzuschaffen. Mit seinem Vizekanzler Lars Klingbeil liefert sich Merz seit Wochen ein Wettrennen darum, wer frühere Versprechen schneller einmotten und entsorgen kann. Klingbeil ist über die rote Linie bei der Migrationspolitik gesprungen, beim Mindestlohn nimmt er gerade Anlauf. Merz änderte die Beschreibung seiner "Aktiv-Rente", die Ruheständlern die Möglichkeit geben sollte, neben der Rente 2.000 Euro steuerfrei hinzuzuverdienen. Das gilt nach derzeitiger Zusagelage nur noch für Rentner, die nicht in Rente gehen, sondern weiterarbeiten.
Auch die Entlastungen beim Strompreis fällt aus. Zwar sollen Industrieunternehmen und Landwirtschaftsbetriebe weniger zahlen, für Privathaushalte aber wird es keine Stromsteuersenkung geben, nicht auf das anvisierte "europäische Mindestmaß" und auch nicht auf irgendeinen Wert darüber. Das Land mit den höchsten Strompreisen in der EU - viermal so hoch wie in Ungarn - zahlen Nutzer von Elektroenergie weiterhin das Zwanzigfache des von der EU vorgeschriebenen Steuersatzes.
Fünf Prozent des Strompreises in Deutschland entfallen auf diese Steuer, mehr als 40 Prozent auf andere Steuern und Abgaben. Zum Vergleich: Österreich erhebt eine Elektrizitätsabgabe in Höhe von 0,015 Euro pro Kilowattstunden.
Kein Ausgleich, niemals
Das Klimageld, umgebaut zur "Energiepreisentlastung", wird zur unendlichen Geschichte aus Verzögerungen, Vertröstungen und gebrochenen Versprechen. Es sei kein Geld da, hat Lars Klingbeil zur Begründung der im Zuge der Erstellung des Haushaltsplanes verkündeten Entscheidung mitgeteilt. Inzwischen haben weite Teile der Bevölkerung bereits vergessen, dass die Entlastungen als Ausgleich für den neu eingeführten CO₂-Preis zugesagt worden waren. Und natürlich schaut jemand wie Lars Klingbeil, für den einen achtstellige Zahl die kleinste Einheit ist, mit der sich zu rechnen lohnt, anders auf einen Hundert-Euro-Schein als der prekär beschäftigte Familienvater in Sachsen.
Erstmal müsse die Industrie steuerlich entlastet werden, damit sie in Schwung kommt. Für die Privathaushalte muss eine Senkung der gerade erst gestiegenen Gasnetzentgelte reichen, die mittlerweile bereits zehn Prozent des Endpreises ausmachen. Das ist nicht nur ein Signal an die Wähler, denen einmal mehr klargemacht wird, dass sie gegen gebrochene Wahlversprechen gar nichts machen können. Sondern auch ein Zeichen für eine erneute Klimawende: Elektroautos haben es noch schwerer, im Betrieb günstiger zu sein als Verbrenner. Der Anreiz, die alte Gasheizung gegen eine Wärmepumpe auszutauschen, sinkt, weil es noch länger dauert, bis sich die entsprechende Investition amortisiert.
Am schwersten aber wiegt, dass es nur 50 Tage gedauert hat, bis Schwarz-Rot sich ehrlich gemacht und zugegeben hat, dass die jähen Wendungen bei Schuldenbremse, Aufrüstung und all den andere Themen kein Zufall waren.
4 Kommentare:
Die neue Folge der Crime-Serie 'Die Glatze und das Gesicht'. Heute: Wähle billige Politiker.
Gebrochene Versprechungen - geschenkt. Darüber ließ sich schon vor etwa einhundert Jahren Alfons Güttler in "Kein Krampf" aus. Aber dass die "Etablierten" überhaupt über fünf Prozent kommen, ist schier gruselig. Und dann noch F-Fritz ... die Satanistisch-Oligarchische Union hat unmittelbar vor der Wahl angekündigt, an die Renten (abermals) und an die Sparkonten zu gehen - und die Erztrottel gehen hin und wählen das.
Die Grünen haben von der CDU/SPD abgemalt.
Wer Wahlprogrammen oder Wahlversprechungen glaubt ist ein Idiot.
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