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| Deutschland geht Baden: Der Juni ist wie immer zu warm, doch den Wählerinnen und Wählern erscheinen die ersten Entscheidungen der neuen Koalition in Berlin wie eine kalte Dusche. |
And it comes and it goes
Where it's headed no one knows
And we come and we go
All the saints and the liars
Sitting by the fire
What will happen to us now
But oh how pretty is the middle of june
And oh how pretty is the middle of june
Middle of June, Noah Gundersen
Es war ein Jahr zum Vergessen und vielen gelang das außerordentlich gut. Der neue Kanzler wusste schon nach Wochen nicht mehr, was er versprochen hatte. Seine Hilfstruppen von der SPD hatten verdrängt, dass sie wiedermal eine Wahl verloren hatten. In der Welt draußen wendete sich einiges zum Besseren. Deutschland aber blieb mit klarem Kompass auf Kurs.
Der Rückblick auf 2025 zeigt zwölf Monate, die es in sich hatten. Nie mehr wird es so sein wie vorher.
Unregiert seit fast einem Jahr, verunsichert und schon vier Monate nach der Bundestagswahl im Zweifel, ob das Kreuz tatsächlich an der richtigen Stelle gelandet ist. Nirgendwo ist mehr vom Scholzschen "Deutschland-Tempo" die Rede, aber jeder kann spüren, wie der Fahrtwind nicht weht. Die Wirtschaftswende ist ausgefallen, das Akutprogramm der Ampel ist niemals aus dem Sprachlabor der Bundesworthülsenfabrik herausgekommen.
Neue Floskeln braucht das Land
Die neuen Männer in Berlin bringen einen Spruchbeutel voll neuer Floskeln mit. Es gilt nicht mehr, dei Todesdürre zu bekämpfen. Es braucht keinen Masterplan gegen Messergewalt. Nur die "Remigration, wo immer möglich", die die im Zuge der Neubildung der Bundesregierung aussortierte Bundesinnenministerin Nancy Faeser propagiert hatte, ist weiterhin im Angebot.
Abgeschwächt und demokratisiert allerdings, denn Friedrich Merz nimmt Abstand von seiner Ankündigung, "im Fall meiner Wahl zum Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland am ersten Tag meiner Amtszeit das Bundesinnenministerium im Wege der Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers anweisen, die deutschen Staatsgrenzen zu allen unseren Nachbarn dauerhaft zu kontrollieren und ausnahmslos alle Versuche der illegalen Einreise zurückzuweisen".
Nicht ernst gemeint
Das war so gemeint, aber nicht ernst. Auch so schon sorgt die Ankündigung des Bundesinnenministers, hier und da stichprobenartig hinschauen zu wollen, wer da kommt, für große Aufregung. Arm in Arm stehen die linken Oppositionsparteien und der Bündnispartner Polen ein für offene Grenzen. Anderenfalls, droht der polnische Ministerpräsident Donald Tusk, werde Polen ebenfalls anfangen, die sich aus Westen heranwälzenden Flüchtlingskolonnen mit Hilfe von Kontrollen abzuschrecken.
Die Konsequenzen sind hart. Es dauert nur Tage, bis das Verwaltungsgericht Berlin der Praxis, bereits eingereiste Geflüchtete wieder auszuschaffen, einen Riegel vorschiebt. So einfach ist es nicht, zumindest nicht, wenn Geflüchtetenorganisationen einen Präzendenzfall schaffen wollen. Mehrfach hatten drei Schutzsuchende aus Somalia, mutmaßlich als menschliche Waffe zur Destabilisierung der EU über Belarusdasfrühereweissrussland nach Litauen geschickt, den illegalen Grenzübertritt versucht.
Beim dritten Mal schließlich schlüpften sie durch das weitmaschige Netz der Bundespolizei und gelangten bis nach Frankfurt an der Oder. Dort aufgegriffen, wurden sie zurückgeschickt. Und nach dem Urteilsspruch wieder abgeholt und nach Berlin gebracht.
Eine Episode endet
Mit einer Entscheidung, dass es verboten ist, über den weiteren Fortgang des Verfahrens zu berichten, endet die Episode um die strikte Auslegung der europäischen Flüchtlingsregeln aber noch nicht. Später im Jahr, eher im Kleingedruckten versteckt, wird sich zeigen, dass zumindest eine der Schutzsuchenden nicht bereit ist, sich die übergriffige Behandlung durch deutsche Behörden bieten zu lassen.
Sie strebt mit einer Klage in der Hauptsache den Gang durch alle Instanzen an, um von Oberverwaltungsgericht, Bundesverwaltungsgericht und notfalls dem Europäischen Gerichtshof feststellen zu lassen, das sie jedes Recht hatte, irregulär über mindestens zwei sichere Drittstaaten nach Deutschland einzureisen.
Gestärkt nach Washington
So gestärkt fliegt Friedrich Merz nach Washington. Der CDU-Chef kommt mit weichen Knien. Die Nation befürchtet, dass Donald Trump ihn trotz der über Nacht getroffenen Zusage, jeden von den USA gewünschten Prozentsatz des deutschen Bruttoinlandsproduktes für Rüstung auszugeben, ähnlich brutal vorführt wie den ukrainischen Präsidenten Selenskyj im Februar. Doch Merz macht alles richtig: Er sitzt still auf seinem Stühlchen, nickt beflissen, schweigt emsig und überlässt Trump die große Bühne.
Auch beim Gastspiel in Amerika zeigt der neue Kanzler sein vielleicht größtes Talent: Von der Ankündigung, dass er nicht als Bittsteller komme, sondern Trump klarmachen werde, dass Europa keine Nachhilfe in Sachen Demokratie brauche, bis zum Wunder eines Kniefalls im Sitzen mit eingesprungenem Hofknicks dauerte es nur einen Transatlantikflug.
Strahlend vor Glück
Strahlend vor Glück kam Merz zurück. Er war seine nachgemalte Geburtsurkunde des Trump-Opas losgeworden, ohne verhöhnt zu werden. Trump hatte sein Englisch gelobt. Und der noch bei Angela Merkel und der Ampel-Regierung ausgetüftelte Plan, Ausgaben für "bauliche Selbstschutzräume", wie sie Prepper bevorzugen, auf die deutschen Rüstungsanstrengungen anrechnen zu dürfen, war gnädig zur Kenntnis genommen worden.
An eine Umsetzung war selbstverständlich nie gedacht worden. Selbst Merz, der als unverbesserlicher Optimist gilt, glaubt nicht daran, dass bis zum Angriff der Russen in vier Jahren ein großes Bundesbunkerbauprogramm umsetzbar ist. Allein die Suche nach vergessenen Schutzräumen dauerte am Tag seines Amtsantritts schon drei Jahre, ohne in der Kürze der Zeit schon zu ermutigenden Ergebnissen geführt zu haben. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) hatte vielmehr feststellen müssen, dass überhaupt nur knapp 600 Schutzbauten zu finden seien. Allesamt "weder funktions- noch einsatzbereit."
Das Bundeskellerbauprogramm
Ein großes Bunkerbauprogramm taxiert ein vertraulicher Bericht auf Kosten von 140 Milliarden Euro. Gut, um das Geld bei Trump zu erwähnen. Schlecht, wenn es anderswo gebraucht wird, weil es überall fehlt. Die Leute sollen sich Keller ausbauen, "gehärtet" nennt der Fachmann das. Wer keinen hat, dem wird für den Ernstfall die klassische "Aktentasche über dem Kopf" und unter den Tisch kriechen als Abwehrmaßnahme gegen eine 500-Kilotonnen-Kernwaffe empfohlen. Und 20 Liter Wasser pro Person sollte jeder bevorraten, um über die zehn Tage zu kommen, bis die Armee Wenck erscheint, aufmunitioniert mit Verpflegungspäckcen und Schokomilch im Tetrapack.
Trotz seiner knappe Wahl im zweiten Anlauf lässt sich Friedrich Merz nicht von seiner operativen Linie abbringen. Vieles, was er im Wahlkampf gesagt hat, ist schon mit dem Eintritt ins Amt obsolet geworden. Der Rest wird jetzt eilig abgeräumt: Statt Steuersenkungen kommt ein "Investitions-Booster" (BWHF), der als "Signal für Wachstum" bezeichnet wird. Statt der großen Stromsteuersenkung für alle muss sich Deutschland wegen der angespannten Haushaltslage mit einer für einige wenige große Industriebetriebe zufriedengeben.
Enttäuschter Rückzug
"Das hatte Habeck genau so vorgeschlagen", ruft es aus der Kulisse, wo die Reste des #TeamHabeck mit der Wirklichkeit hadern. Ihr Guru hat sich enttäuscht aus der Politik zurückgezogen. Weil die Wähler ihn nicht zum Kanzler machen wollten, will er auch kein Bundestagsabgeordneter mehr sein. Wer zum Bündniskanzler geboren ist, für den ist die Hinterbank im Parlament zu eng.
Wie seine langjährige Konkurrentin Annalena Baerbock beschließt Robert Habeck, sein Heil in Trumps Amerika zu suchen. Ein kleiner Obsthandel, weit weg vom bröckelnden Deutschland und außerhalb einer Europäischen Union, die bei den Bürgerinnen, Bürgern und Medienmitarbeitern so beliebt ist, dass sie jeden Skandal lächelnd übersteht.
Gibt sie Jahr für Jahr Milliarden aus, um zivilgesellschaftliche Organisationen zu finanzieren, die das Geld nutzen, um mit Studien, Klagen und Medienkampagnen gegen EU-Entscheidungen und Beschlüsse der nationalen Regierungen Front zu machen?
Aber natürlich! Und worum hanelt es sich, wenn das öffentlich geamcht wird? Um ein "Foulspiel", sagt SPD-Chef Lars Klingbeil, der nach der Empörung über die ausgefallene Stromsteuersenkung eine Mohrrübe für alle Enttäuschten dabeihat."Geplant sind Entlastungen ab Januar", sagt der gewiefte taktiker, der genau weiß, dass der Januar politisch ein anderes Jahrhundert ist, in dem niemand mehr wissenwird, was er im Juni verkündet hat.
Unverschämte Fake News
Es stimmt ja sowieso alles nicht. Als Friedrich Merz den Menschen weißmachen will, dass "wir nur das Geld ausgeben können, das wir haben", ist das eine der unverschämtesten Fake News die jemals in deutschland verbreitet worden sind. Mehr als jeder dritte Euro, mit dem seine Regierung ihren Haushalt 2025 planen wird, existiert gar nicht. Und wird dennoch ausgegeben.
Das Primat der Politik aber vermag es, die Realität wie Material zu kneten. Mit dem Ende des Wahlkampfes ist die große Klimakrise schlagartig beendet. Die Kleber sind von den Straßen, die Letzte Generation hat von einem Moment auf den anderen Platz gemacht für die allerletzte, die sich die "Neue Generation" nennt und keinerlei öffentliche Aufmerksamkeit mehr erregt.
Nach Fridays for Future, in der Abenddämmerung der Bewegung nur noch das Label, das bei Fernsehauftritten der letzten deutschen Aktivistin Luisa Neubauer unten links eingeblendet wird, verabschiedet sich zweite Jugendbewegung der Zehnerjahre unbetrauert.
Kriegslüsterne Senioren
Anderes ist wichtiger, zumindest in diesem Juni, der wieder wärmer ist als fast alle zuvor. Als Trump die Atomanlagen des Iran bombardieren lässt, wird Deutschland zu einem Land der Völkerrechtler. Als sich die Frage stellt, wer all die neuen Panzer und Geschütze bemannen wird, die Boris Pistorius bestellt, erscheint eine Kompanie kriegslüsterner Senioren auf der Bildfläche, bereit, "für die eigene Freiheit einzustehen, wenn es darauf ankommt, auch zu kämpfen", wie Joschka Fischer sagt, der nach seinem langen Lauf zu sich selbst wieder beim Putztruppenführer aus Frankfurt angekommen ist.
Eine wie Fischer ist Maja, Aktivistin einer Putztruppe 2.0, die beim einem Auslandseinsatz den Häschern des zwielichtigen ungarischen Herrschers Victor Orban in die Fänge geraten ist. Nur weil Maja T. unter Verdacht steht, einige Schädel eingeschlagen zu haben, verfolgt das Budapester Regime die früher männlich gelesene Antifaschistin mit ihrer Gefälligkeitsjustiz.
Überall in Deutschland tauchen solidarische tags an Häuserwenden auf. "Free Maja" soll aufrütteln, mobilisieren und den Ungarn klarmachen, dass Unseredemokatie genau hinschaut, wenn angebliche Terrorgruppen abgeurteilt werden sollen.
Wann wirds mal wieder Sommer der Stimmungswende? Nicht in diesem Juni:
- Indoordürre: Gurken in Gefahr
- Wenigstens dagegen
- Wer hat es verdient?
- Morbus Meinungsfreiheit
- Kompromisslos glauben
- Das P in SPD steht für Opportunismus
- Berliner Verkehrsbremse
- Projekt Zuversicht: Augen zu und durch
- Gesprochene Verbrechen
- Je härter desto Hetze


2 Kommentare:
OT: Bartolomäus Blödmann auf dem Systemblog "Jouwatch":
" Trump vs. HateAid – müssen uns die Amis wieder einmal retten? "
Bei welchen Gelegenheiten ("wieder einmal" impliziert >mehr als nur einmal< ) hätten
die uns denn "gerettet"? Was für ein Hirni.
Ganz nahe an "Bomber Harris do it again!"
auch OT, via Carl Benjamin
https://x.com/SecRubio/status/2003547575580815814
ChatGPT (leicht redigiert)
„Viel zu lange haben Ideologen in Europa Maßnahmen initiiert, um amerikanische Plattformen dazu zu drängen, amerikanische Standpunkte zu bestrafen, die sie ablehnen. Die Trump-Regierung wird diese eklatanten Akte extraterritorialer Zensur nicht länger tolerieren.
Heute wird das @StateDept Schritte unternehmen, um führende Vertreter des globalen Zensur-Industriekomplexes von der Einreise in die Vereinigten Staaten auszuschließen. Wir sind bereit und willens, diese Liste zu erweitern, falls andere ihren Kurs nicht ändern.“
Natürlich viel zu milde, aber ein Anfang.
Da wird das demokratische Presswesen mit geifern und giften beschäftigt sein über den Jahreswechsel.
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